Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses – BGH Beschluss vom 07.03.2024 – I ZB 40/23

Juli 15, 2024

Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses – BGH Beschluss vom 07.03.2024 – I ZB 40/23

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Hintergrund


Im vorliegenden Fall ging es um die Enkelinnen einer verstorbenen Erblasserin, die durch ein notarielles Testament eine andere Tochter als Alleinerbin eingesetzt hatte, während den Enkelinnen eine Immobilie in Österreich vermacht wurde.

Die Enkelinnen forderten von der Alleinerbin Auskunft über den Nachlass und klagten auf Pflichtteilergänzung.

Erster Rechtsstreit


Die Schuldnerin (Alleinerbin) wurde vom Amtsgericht Bonn nach Anerkennung verurteilt, den Nachlass durch ein notarielles Verzeichnis offenzulegen, welches von einem Notar erstellt wurde.

Die erste Auskunft wurde jedoch von den Enkelinnen als unzureichend angesehen, weshalb sie die Zwangsvollstreckung betrieben.

Die Schuldnerin erhob dagegen Vollstreckungsabwehrklage, welche das Amtsgericht Bonn zunächst abwies.

Das Landgericht Bonn urteilte später, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis unvollständig sei, da es keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehungen zu einer Raiffeisenbank in Kärnten enthalte.

Der BGH bestätigte dieses Urteil, wodurch die Schuldnerin eine ergänzte Version des Verzeichnisses vorlegte.

Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses – BGH Beschluss vom 07.03.2024 – I ZB 40/23

Weitere Rechtsstreitigkeiten


Die Enkelinnen beantragten daraufhin, Zwangsmittel gegen die Schuldnerin festzusetzen, da sie die ergänzte Auskunft immer noch als unzureichend erachteten.

Dies wurde sowohl vom Amtsgericht als auch vom Beschwerdegericht abgelehnt.

Entscheidung des BGH


Der BGH wies die Rechtsbeschwerde der Enkelinnen zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, dass die Schuldnerin ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung erfüllt habe.

Begründungen:


Erfüllung der Auskunftspflicht:

Das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018, ergänzt am 28. Juli 2020, wurde als ausreichend angesehen.

Es bestand kein Anspruch auf eine weitere Ergänzung oder Berichtigung des Verzeichnisses.


Ermittlungen des Notars:

Der Notar hatte nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen entschieden, welche Ermittlungen notwendig waren.

Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses – BGH Beschluss vom 07.03.2024 – I ZB 40/23

Es war nicht erforderlich, dass er ohne konkrete Anhaltspunkte in alle Richtungen ermittelt.


Einholen von Auskünften:

Das notarielle Verzeichnis war nicht deshalb unvollständig, weil keine weiteren Banken in Österreich angefragt wurden, da es keine konkreten Anhaltspunkte für die Existenz weiterer Konten gab.


Pflicht zur Offenlegung von Schenkungen:

Die titulierte Verpflichtung bezog sich nur auf den realen Nachlass und nicht auf Schenkungen der letzten zehn Jahre vor dem Tod der Erblasserin.

Dies war bereits im Teil-Anerkenntnis- und Teilurteil des Amtsgerichts Bonn entschieden worden.


Relevante Rechtsnormen und Prinzipien:


§ 2314 BGB (Auskunftspflicht des Erben):

Der Erbe muss dem Pflichtteilsberechtigten umfassend Auskunft über den Bestand des Nachlasses erteilen.

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§ 888 ZPO (Zwangsmittel):

Die Verpflichtung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung (hier: Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses) ist durch Zwangsmittel zu erzwingen, falls nicht erfüllt.


Pflichten des Notars:

Der Notar hat eigenständig und nach pflichtgemäßem Ermessen die notwendigen Ermittlungen vorzunehmen und ein umfassendes Verzeichnis zu erstellen, ohne in alle denkbaren Richtungen ohne konkrete Anhaltspunkte zu ermitteln.


Schlussfolgerung


Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerinnen wurde als unbegründet abgewiesen, da die Schuldnerin ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung erfüllt hatte.

Es bestand kein Anspruch auf weitere Ergänzungen oder Berichtigungen des notariellen Nachlassverzeichnisses, da dieses nach pflichtgemäßem Ermessen des Notars vollständig und ausreichend war.

Die Kosten des Verfahrens wurden den Gläubigerinnen auferlegt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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