§ 2349 BGB Erbverzichtsvertrag – Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge – OLG Frankfurt am Main 21 W 39/21

September 8, 2021

§ 2349 BGB Erbverzichtsvertrag – Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge – OLG Frankfurt am Main 21 W 39/21

RA und Notar Krau: 

Der Fall betrifft einen Erbscheinantrag im Zusammenhang mit einem Erbverzichtsvertrag gemäß § 2349 BGB.

§ 2349 BGB eröffnet den Parteien eines Erbverzichtsvertrags die Möglichkeit, die Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge zu begrenzen.

In dem hier besprochenen Fall geht es um einen Erbverzichtsvertrag, der von der Erblasserin und ihrer verstorbenen Tochter A geschlossen wurde.

Die Tochter erklärte darin, sie verzichte auf ihr gesetzliches Erbrecht nach der Erblasserin, jedoch unter der Bedingung, dass das Erbe ihrem Sohn (Beteiligter zu 2) zufällt.

Das Nachlassgericht hat zunächst entschieden, dass der Erbverzicht unwirksam sei, weil die Bedingung nicht eingetreten sei, da die Erblasserin den Beteiligten zu 2 nicht testamentarisch eingesetzt hatte.

Der Beteiligte zu 2 legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Er argumentierte, dass der Erbverzicht auch dann wirksam sei, wenn er im Wege der gesetzlichen Erbfolge erben würde, nicht nur durch testamentarische Einsetzung.

Das OLG Frankfurt am Main gab der Beschwerde statt und änderte den Beschluss des Nachlassgerichts.

§ 2349 BGB Erbverzichtsvertrag – Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge – OLG Frankfurt am Main 21 W 39/21

Es stellte fest, dass der Erbverzicht wirksam sei und dass die Erblasserin gesetzlich von der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 beerbt wurde.

Die Begründung des OLG beruhte darauf, dass die Vertragsparteien von der Möglichkeit des § 2349 BGB Gebrauch gemacht hatten, die Gesamtwirkung des Erbverzichts nur für den Beteiligten zu 2 aufzuheben.

Das bedeutet, dass die Beteiligte zu 3 von der Erbfolge ausgeschlossen blieb, während der Beteiligte zu 2 erben konnte, obwohl seine Mutter verzichtet hatte.

Das Gericht stellte klar, dass der Erbverzicht nicht unter die Bedingung der testamentarischen Einsetzung gestellt war, sondern auch bei gesetzlicher Erbfolge wirksam wurde.

Der Wortlaut der Bedingung „dass das Erbe meinem Sohn zufällt“ könne sowohl testamentarisch als auch gesetzlich verstanden werden.

Eine Beschränkung auf testamentarische Erfolge war weder im Vertragstext noch in den Begleitumständen zu erkennen.

Weiterhin hob das OLG hervor, dass § 2349 BGB den Parteien ermöglicht, den Erbverzicht auf einzelne Abkömmlinge zu begrenzen.

Diese Dispositionsmöglichkeit wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um der Privatautonomie der Vertragsparteien Rechnung zu tragen und die individuelle Gestaltung von Erbverträgen zu ermöglichen.

Der Wortlaut des § 2349, 2. Teilsatz BGB unterstützt eine Auslegung, die eine partielle Begrenzung der Verzichtswirkung zulässt.

§ 2349 BGB Erbverzichtsvertrag – Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge – OLG Frankfurt am Main 21 W 39/21

Im Ergebnis stellte das OLG fest, dass die Erblasserin durch den Erbverzichtsvertrag die gesetzliche Erbfolge so gestaltet hatte, dass der Beteiligte zu 2 trotz des Verzichts seiner Mutter erben konnte.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der individuellen Ausgestaltung von Erbverträgen und die Flexibilität, die das Gesetz den Parteien bietet.

Die Entscheidung hat zudem eine grundsätzliche Bedeutung, da sie die bisher in der Rechtsprechung offene Frage, ob eine Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge nach § 2349, 2. Teilsatz BGB zulässig ist, bejaht.

Diese Frage wird in der juristischen Literatur unterschiedlich beurteilt, weshalb das OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, um eine höchstrichterliche Klärung herbeizuführen.

Zusammenfassend verdeutlicht der Fall, dass § 2349 BGB den Parteien eines Erbverzichtsvertrags erhebliche Gestaltungsfreiheit einräumt, indem es ihnen erlaubt, die Verzichtswirkung gezielt zu steuern und auf bestimmte Abkömmlinge zu beschränken.

Diese Flexibilität ermöglicht es, Erbverhältnisse individuell zu regeln und auf die Bedürfnisse der Beteiligten einzugehen.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, wie wichtig eine sorgfältige und präzise Formulierung von Erbverträgen ist, um den Willen der Vertragsparteien klar und rechtswirksam zum Ausdruck zu bringen

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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