OLG Brandenburg 3 W 115/20

Juli 1, 2021

OLG Brandenburg 3 W 115/20

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree vom 14.09.2020, Az. 21 IV 76/02, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein Notar, begehrt die Aufnahme einer notariell beurkundeten Rücktrittserklärung von einem Erbvertrag in die amtliche Verwahrung. Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, § 34 BeurkG sei auf solche Rücktrittserklärungen nicht anwendbar.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

II.

1.

Die Beschwerde des Notars gegen die Ablehnung der amtlichen Verwahrung der Rücktrittserklärung ist zulässig. Der nach § 34 BeurkG abliefernde Notar hat ein eigenes Beschwerderecht bei der Verweigerung der Annahme (BeckOK FamFG/Schlögel, 36. Ed. 1.10.2020, FamFG § 346 Rn. 14).

2.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Rücktritt von einem Erbvertrag ist nicht in die amtliche Verwahrung zu nehmen, wie das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt hat.

Es entspricht der herrschenden Auffassung in der Literatur – Rechtsprechung hierzu ist, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht -, dass der Anwendungsbereich des § 34 BeurkG die Erklärung des Widerrufs wechselbezüglicher Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments (§ 2271 Abs. 1 BGB), den Erbvertragsrücktritt (§§ 2271, 2293 ff BGB) und den Aufhebungsvertrag zum Erbvertrag (§ 2290 BGB) nicht umfasst und diese nicht in die amtliche Verwahrung zu bringen sind (Sticherling in MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, Rn 3; Staudinger/Kanzleiter (2019) BGB § 2290, Rn 14; B. Hamdan/M. Hamdan in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. (Stand: 18.05.2020),
§ 2290, Rn 11, jeweils für den Aufhebungsvertrag).

Soweit der Antragsteller darauf abstellt, dass ein Vertrag, durch den ein Erbvertrag aufgehoben wird, ebenfalls in die amtliche Verwahrung aufzunehmen sei, da auch die Aufhebung eines Erbvertrages ein Erbvertrag im Sinn des § 2274 BGB sei (so Commichau, MittBayNot 1998, 235) und dies auch für die Rücktrittserklärung gelten müsse, so folgt der Senat dem nicht.

Ein Vertrag, durch den ein Erbvertrag aufgehoben wird (§ 2290 BGB) ist zwar ein „actus contrarius“ zum Erbvertrag, jedoch kein Erbvertrag im Sinne des § 34 BeurKG, auch wenn § 2290 Abs. 4 für dessen Errichtung die für den Erbvertrag vorgeschriebene Form verlangt (Gutfried in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl., 2019, § 34 BeurkG, Rn.17). Gleiches gilt für die Rücktrittserklärung. Herleiten lässt sich dies bereits aus dem Wortlaut des § 34 BeurkG, in dem ausschließlich vom „Abschluss des Erbvertrages“ die Rede ist. Bestätigt wird dieses Verständnis durch einen Vergleich des § 34 BeurkG mit § 78 d II 1 BNotO, der die Aufnahme von erbfolgerelevanten Urkunden in das Testamentsregister regelt. Hier heißt es:

„Erbfolgerelevante Urkunden sind Testamente, Erbverträge und alle Urkunden mit Erklärungen, welche die Erbfolge beeinflussen können, insbesondere Aufhebungsverträge, Rücktritts- und Anfechtungserklärungen, Erb- und Zuwendungsverzichtsverträge, Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge und Rechtswahlen.“

Es wird also ausdrücklich zwischen Verträgen, die den Abschluss eines Erbvertrages beinhalten und anderen erbfolgerelevanten Urkunden, zu denen auch die Erklärung, mit der ein Rücktritt von einem Erbvertrag erfolgt gehört, unterschieden (Burandt/Rojahn/Egerland, 3. Aufl. 2019, BeurkG § 34 Rn. 12 unter Aufgabe seiner in der 1. Auflage unter Anschluss an Commichau vertretenen gegenteiligen Auffassung).

Auch der Zweck der besonderen amtlichen Verwahrung gebietet es nicht, eine Rücktrittserklärung mit dem Abschluss eines Erbvertrages gleichzusetzen.

Die besondere amtliche Verwahrung bezweckt die sichere Aufbewahrung einer Verfügung von Todes wegen, deren Inhalt geheim gehalten und vor Manipulationen jeder Art geschützt werden soll (MüKoFamFG/Muscheler, § 346 Rn. 1). Geschützt wird damit das Interesse der öffentlichen Rechtspflege an einem geordneten Verwahrungsverfahren einerseits, und das des Erblassers an Schutz und Geheimhaltung seines letzten Willens andererseits (BeckOK FamFG/Schlögel, 36. Ed. 1.10.2020, FamFG § 346 Rn. 1).

Der Rücktritt vom Erbvertrag setzt für seine Wirksamkeit den Zugang der notariell beurkundeten Rücktrittserklärung an den Vertragspartner voraus (§ 2296 BGB). Die Gefahr einer Manipulation der Rücktrittserklärung oder ein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht also nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, der Verfahrenswert orientiert sich am Auffangwert des § 36 Abs. 2 GNotKG.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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