OLG München, Beschl. v. 11.12.2014 – 34 Wx 429/14 Zum Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung gegenüber dem Grundbuchamt

Juni 5, 2018

OLG München, Beschl. v. 11.12.2014 – 34 Wx 429/14

Zum Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung gegenüber dem Grundbuchamt

(AG Rosenheim, Beschl. v. 02.10.2014 – U.-319-49)

Gründe:

Die Beteiligte zu 1 ist seit 22.07.2013 gemäß dem notariellen Testament v. 28.09.2012 und der Eröffnungsniederschrift des AG v. 20.02.2013 als Eigentümerin von Grundbesitz, u.a. zweier Grünlandgrundstücke, im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch enthält seit 24.09.2013 einen Testamentsvollstreckervermerk.

Mit Vertrag v. 13.01.2014 verkaufte die Beteiligte zu 2 in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin an die Gemeinde A. – Beteiligte zu 3 – aufgrund des von dieser ausgeübten naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts die beiden Grundstücke. Die Parteien erklärten die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Gem. Abschn. 6 der Urkunde erklärte die Beteiligte zu 1 als Erbin, dass sie allen in dieser Urkunde getroffenen Vereinbarungen und Erklärungen vollumfänglich zustimmt.

Mit Antrag v. 12.08.2014 – Eingang beim Grundbuchamt am 18.08.2014 – begehrten die Beteiligten (unter anderem) den Vollzug der Auflassung und damit verbunden (§ 16 Abs. 2 GBO) die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks.

Das Grundbuchamt hat mit Beschl. v. 02.10.2014 den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beteiligte zu 2 sei zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht mehr Testamentsvollstreckerin gewesen; sie habe am 08.04.2014 ihr Zeugnis zurückgegeben und ihr Amt für beendet erklärt. Die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks setze den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit voraus. Dieser sei zu erbringen entweder durch Vorlage eines Erbscheins, der die Beteiligte zu 1 als durch Testamentsvollstreckung nicht beschränkte Alleinerbin ausweise, oder durch Freigabe des betroffenen Grundbesitzes durch den Testamentsvollstrecker, dessen Amt bis zur Vollendung der Rechtsänderung (Vollzug der Auflassung an die Gemeinde) bestehen müsse.

Mit Schreiben v. 23.10.2014 hat der vollzugsbeauftragte Notar Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Erbin selbst habe sich entsprechend der Vertragsurkunde allen Erklärungen der Testamentsvollstreckerin angeschlossen. […]

 

II.

Die von sämtlichen Urkundsbeteiligten gegen die versagte Eintragung notariell erhobene Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 sowie § 15 Abs. 2 GBO; siehe Demharter, GBO, 29. Aufl., § 15 Rn. 20) ist zulässig, in der Sache aber nicht erfolgreich. Das Grundbuchamt kann den Testamentsvollstreckervermerk nicht löschen, im Übrigen aber auch nicht die Eigentumsumschreibung vornehmen.

1.

Das Grundbuchamt darf bei Auflassung von Grundstücken die Eintragung nur vornehmen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist (§ 20 GBO). Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang die Verfügungsberechtigung des verlierenden Teils. Als Ausfluss der sachlichrechtlichen Verfügungsbefugnis muss sie grds. noch im Zeitpunkt der Eintragung vorliegen (Demharter, § 20 Rn. 40; § 19 Rn. 60), zudem muss sie in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sein. Sofern der Grundbesitz infolge wirksamer – entgeltlicher – Veräußerung durch die Testamentsvollstreckerin an die Beteiligte zu 3 aus dem Nachlass ausscheidet (vgl. § 2205 Satz 2 BGB), wäre auch der Testamentsvollstreckervermerk zu löschen, weil er mit Eigentumsübergang unrichtig würde (KG, JFG 12, 274 (278); BayObLG, Rpfleger 1992, 63; Demharter, § 52 Rn. 29).

a) Nach dem vorgelegten Schriftverkehr geht die Beteiligte zu 2 davon aus, dass ihr Amt als Testamentsvollstreckerin spätestens seit Anfang April 2014 beendet ist. Sie hat nämlich mit Schreiben v. 08.04.2014 ihr Testamentsvollstreckerzeugnis an das AG zurückgereicht.

Zu notarieller Urkunde v. 13.01.2014 („Vermächtniserfüllung”) haben die dort Beteiligten – die Alleinerbin und die Vermächtnisnehmerin – erklärt, dass die Aufgaben der Testamentsvollstreckerin aus dem notariellen Testament und die mit der Testamentsvollstreckung im Zusammenhang stehenden Aufgaben vollständig erledigt seien. Aufgrund des eingetragenen Vermerks hat das Grundbuchamt aber gem. § 891 BGB grds. davon auszugehen, dass Testamentsvollstreckung besteht; dies gilt freilich dann nicht, wenn ihm Tatsachen bekannt werden, die ihre Unrichtigkeit ergeben (Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl., § 52 Rn. 41; Demharter, § 52 Rn. 17).

Ob das hier der Fall ist, kann letzten Endes dahin stehen. Denn wenn Testamentsvollstreckung mangels Aufgabenerledigung noch fortbesteht, kann das Grundbuchamt jedenfalls nicht davon ausgehen, dass die Beteiligte zu 2 noch die Testamentsvollstreckerin ist. Diese konnte nach § 2226 BGB jederzeit durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht kündigen (§ 2226 Sätze 1 und 2 BGB), etwa indem sie das Amt nicht fortführt und das ihr erteilte Zeugnis zurückgibt (vgl. J. Mayer, in: Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 2226 Rn. 3; Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 2226 Rn. 1), wie dies bereits im April 2014 geschehen ist.

b) Ist aber bereits damals das Testamentsvollstreckeramt der Beteiligten zu 2 beendet gewesen, bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob auch bei Verlust der Verfügungsmacht (der Testamentsvollstreckerin) 878 BGB anwendbar erscheint (bejahend Palandt/Bassenge, § 878 Rn. 11; Wagner, ZfIR 2009, 345 (348); Mensch, ZNotP 2014, 384; LG Mönchengladbach, RNotZ 2010, 540 mit zust. Anm. Schüller; siehe auch BayObLG, ZEV 1999, 67 mit Anm. Reimann; Demharter, § 19 Rn. 62). Denn der Antrag auf Eintragung der Auflassung ist erst am 12.08.2014 gestellt worden und am 18.8.2014 beim Grundbuchamt eingegangen.

c) Außer Frage steht – worauf der Notar in der Beschwerdebegründung hingewiesen hat –, dass Testamentsvollstreckerin und Alleinerbin gemeinsam verfügen können; dies ist stets zulässig (BGHZ 40, 115; 57, 84; Palandt/Weidlich, § 2205 Rn. 30). So wäre bei Beendigung der Testamentsvollstreckung mit dann unbeschränkter Verfügungsberechtigung der Erbin deren Zustimmungserklärung gem. Abschn. 6 der Urkunde v. 13.01.2014 wohl ausreichend, weil es genügt, wenn ein (im Eintragungszeitpunkt) Nichtberechtigter mit Einwilligung des (im Eintragungszeitpunkt) Berechtigten die Erklärung abgegeben hat (vgl. BayObLGZ 1960, 456 [461]). Dies setzt hier jedoch voraus, dass die Beteiligte zu 1 tatsächlich die Berechtigte ist, also die Testamentsvollstreckung tatsächlich beendet ist (was aber gerade nicht feststeht; siehe zu 2.). Dafür, dass bei fortbestehender Testamentsvollstreckung der gegenständliche Grundbesitz an die Erbin freigegeben (2217 BGB), damit aus der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ausgeschieden und die Erbin diesbezüglich nun unbeschränkt verfügungsberechtigt wäre, ist nichts ersichtlich.

Der Nachweis über die Beendigung der Testamentsvollstreckung – was auch die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks wegen Unrichtigkeit zur Folge hat – ist dem Grundbuchamt gegenüber regelmäßig in der Form des § 29 GBO zu erbringen. Es genügt nicht etwa, dass der Testamentsvollstrecker allein oder gemeinsam mit dem Erben die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks bewilligt (Meikel/Böhringer, § 52 Rn. 67; Demharter, § 52 Rn. 27; DNotl-Report 2001, 21 (22)).

a) Die Amtsniederlegung der als Testamentsvollstreckerin bestellten Rechtsanwältin H. (§ 2226 BGB) stellt, unabhängig von der durch das vorgelegte Schriftstück nicht gewahrten Form des 29 GBO, keinen geeigneten Nachweis dar. Das öffentliche Testament regelt in Abschn. III. 4.-3. Abs. den Wegfall des ernannten Testamentsvollstreckers dergestalt, dass in diesem Fall das zuständige Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennt (vgl. § 2200 BGB). Unterscheidet man, wie zutreffend (OLG Hamm, Rpfleger 1958, 15 (16); OLG-Report 2001, 21 (22)), zwischen Niederlegung des Amtes und Beendigung der Testaments-vollstreckung, so kann aus der Niederlegung, auch wenn sie mit der Aufgabenerledigung erklärt wird, grundbuchverfahrensrechtlich nicht bewiesen werden, dass die Testamentsvollstreckung tatsächlich nicht mehr besteht.

b) Amtserledigung tritt darüber hinaus durch Aufgabenerledigung ein (vgl. Meikel/Böhringer, § 52 Rn. 73 unter gg; DNotl-Report a.a.O.). Nachgewiesen werden kann das Erlöschen der Testamentsvollstreckung als Ganzes gegenüber dem Grundbuchamt entweder, und üblicherweise, durch einen neuen Erbschein (OLG Hamm, OLGZ 1983, 59; Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3473; Weidlich, MittBayNot 2006, 390 (391)) – solcher liegt hier nicht vor – oder durch Offenkundigkeit (vgl. DNotl-Report 2001, 21).

c) Offenkundigkeit kann der Senat nicht feststellen. Das Vermächtnis, dessen Erfüllung der Testamentsvollstrecker als wesentliche Aufgabe zu bewirken hat, besteht offenbar aus einer Eigentumswohnung sowie deren Mobiliar („insbesondere Hausrat und Mobiliar” – mit bestimmten Ausnahmen). Insoweit handelt es sich bei den festgehaltenen Erklärungen in der Urkunde v. 13.01.2014 betreffend die Vermächtniserfüllung um bloße Wissenserklärungen, die den tatsächlichen Umstand des Erlöschens nicht ausreichend belegen.

Es sind strenge Anforderungen zu stellen; denn oftmals verbleiben über die eigentliche Abwicklung hinaus noch Restaufgaben (Weidlich, MittBayNot 2006, 390/391), so dass etwa der Umstand, dass das Eigentum an der Wohnung nach Umschreibung auf die Vermächtnisnehmerin übergegangen ist, nicht genügt. Zudem hat nach dem Willen der Erblasserin die Testamentsvollstreckerin zwar – zuvörderst – die Aufgabe, „die angeordneten Vermächtnisse” zu erfüllen, jedoch darüber hinaus auch „die sonstigen Verfügungen und Auflagen”.

Dazu gehören Regelungen zur Bestattung – namentlich zum Bestattungsort –, ferner zur Tragung der Todesfallkosten (Abschn. III. 5.). Die Erklärungen der Beteiligten hierzu lassen es ohne weitere Ermittlungen – zu denen das Grundbuchamt nicht befugt ist – nicht zu, das Erlöschen als nachgewiesen zu erachten (vgl. Weidlich a.a.O.).

d) Soweit erwogen wird, in bestimmten Fällen auch eine Erklärung des Testamentsvollstreckers in der Form des 29 GBO genügen zu lassen, dass alle (Rest-)Aufgaben erfüllt sind (Weidlich, MittBayNot 2006, 390 (392)), wäre die auszugsweise vorgelegte Urkunde v. 13.01.2014 (‚”Vermächtniserfüllung”) ungenügend, weil die dortige Erklärung schon nicht erkennen lässt, ob es sich überhaupt um eine eigenständige Erklärung der Testamentsvollstreckerin – oder nur um solche von Erbin und Vermächtnisnehmerin – handelt. Ihr mangelt es insoweit an Eindeutigkeit, darüberhinaus an Bestimmtheit.

 

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