Bezugsberechtigung des früheren Ehegatten über Lebensversicherung – BGH Urteil vom 01. April 1987 – IVa ZR 26/86

Juni 12, 2020

Bezugsberechtigung des früheren Ehegatten über Lebensversicherung – BGH Urteil vom 01. April 1987 – IVa ZR 26/86

Von RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich in diesem Urteil mit der Frage der Bezugsberechtigung des früheren Ehegatten über Lebensversicherungen nach einer Scheidung.

Der Klägerin war der Tod ihres Ehemannes vorausgegangen, der in erster Ehe mit der Beklagten verheiratet war.

Das Urteil des Berufungsgerichts, das zugunsten der Beklagten entschieden hatte, wurde aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Sachverhalt:

Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte während seiner Beschäftigung als Kraftfahrer in Berlin eine Lebensversicherung abgeschlossen, bei der seine damalige Ehefrau (die Beklagte) als Bezugsberechtigte eingetragen war.

Nach der Scheidung im Jahr 1980 und dem späteren Tod des Versicherten im Jahr 1983 wurde die Versicherungsleistung an die Beklagte ausgezahlt.

Die Klägerin forderte diese Leistung jedoch für die Erbengemeinschaft zurück, da sie der Meinung war, die Bezugsberechtigung sei durch die Scheidung erloschen und zusätzlich durch den Versicherten widerrufen worden.

Rechtslage und Begründung der Vorinstanzen:

Bezugsberechtigung des früheren Ehegatten über Lebensversicherung – BGH Urteil vom 01. April 1987 – IVa ZR 26/86

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht wies sie jedoch ab.

Das Berufungsgericht argumentierte, dass die Bezugsberechtigung der Beklagten als damalige Ehefrau bis zum Eintritt des Versicherungsfalls unverändert blieb und der erklärte Widerruf der Klägerin daran nichts änderte.

Entscheidungsgründe des BGH:

Wirksamkeit der Bezugsberechtigung:

Das Berufungsgericht handelte ohne Rechtsverstoß, indem es anerkannte, dass die Beklagte wirksam als Bezugsberechtigte benannt worden war.

Diese Benennung bleibt nach der Rechtsprechung des BGH auch nach einer Scheidung bestehen, sofern nicht explizit etwas anderes bestimmt wurde.

Ein automatisches Erlöschen der Bezugsberechtigung durch die Scheidung tritt nicht ein, auch nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 2077 BGB (der die Folgen von Testamenten nach Scheidung regelt).

Der BGH betont, dass bei Versicherungsverträgen im Interesse des Versicherers weitgehend auf den Wortlaut abgestellt werden muss.

Rechtsgrund für die Zuwendung:

Der BGH stellte fest, dass die rechtliche Problematik des Falles damit nicht vollständig erfasst war.

Bei einem Vertrag zugunsten Dritter (wie bei Lebensversicherungen) kann der Begünstigte den Anspruch nur behalten, wenn ein rechtlicher Grund für die Zuwendung besteht.

Im Verhältnis zwischen dem Versicherten und der Beklagten bedarf es eines solchen Rechtsgrundes. Das Berufungsgericht hat dies jedoch nicht geprüft.

Bezugsberechtigung des früheren Ehegatten über Lebensversicherung – BGH Urteil vom 01. April 1987 – IVa ZR 26/86

Prüfung des Rechtsgrundes:

Das Berufungsgericht wird bei erneuter Verhandlung untersuchen müssen, ob ein ursprünglicher Rechtsgrund für die Zuwendung bestand und ob dieser durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage (die Scheidung) hinfällig wurde.

Hierbei ist auch die von der Beklagten behauptete Scheidungsvereinbarung zu berücksichtigen, auch wenn diese möglicherweise formunwirksam und damit nichtig sein könnte.

Bereicherungsausgleich:

Für den Fall, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist, weist der BGH darauf hin, dass im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nicht die gesamte Versicherungssumme, sondern lediglich die gezahlten Prämien als Schenkung anzusehen sind.

Dies ergibt jedoch in Fällen des Bereicherungsausgleichs ohne Rechtsgrund keinen Sinn und bedarf weiterer Prüfung.

Schlussfolgerung:

Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob ein rechtlicher Grund für die Zuwendung der Versicherungsleistung an die Beklagte bestand und ob durch die Scheidung eine Anpassung der Vermögenslage notwendig wurde.

Dabei sind sowohl die Umstände der Scheidungsvereinbarung als auch der Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu berücksichtigen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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