BGH IV ZB 15/16

August 13, 2017

BGH IV ZB 15/16 Zur ergänzenden Testamentsauslegung, letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit, den Nachlass erschöpfen

Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.

Tenor BGH IV ZB 15/16

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 werden der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. August 2016 und das Verfahren aufgehoben, soweit darin der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 vom 20. November 2015 zurückgewiesen worden ist.

Die Anschlussrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 900.000 € festgesetzt.

Gründe

Die verwitwete Erblasserin verstarb am 11. Oktober 2015 mit letztem Wohnsitz in X.   . Sie hinterließ keine Kinder. Der Beteiligte zu 2 war ihr letzter Lebensgefährte. Der Beteiligte zu 1 ist ihr Bruder, die Beteiligte zu 4 dessen Ehefrau. Die Beteiligte zu 3 ist eine Großnichte des vorverstorbenen Ehemannes und das Patenkind eines ebenfalls vorverstorbenen, früheren Lebensgefährten der Erblasserin.

Unter dem 3. September 2007 errichtete die Erblasserin ein eigenhändiges Testament folgenden Inhalts:

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“Mein letzter Wille

Für den Fall meines Todes verfüge ich:

1) Haus- und Grundbesitz in X.    , An d.  H.   S.   5a, incl. der gesamten Einrichtung sollen … [dem Beteiligten zu 2] bis an sein Lebensende zur eigenen Nutzung zur Verfügung stehen. Er ist verpflichtet den gesamten Besitz zu pflegen, ausreichend zu versichern und erforderliche Reparaturen zu veranlassen.

2) Nach dem Ableben … [des Beteiligten zu 2] geht das gesamte Objekt an … [die Beteiligte zu 3] über.

3) Eventuell noch vorhandenes Bar- oder Anlagevermögen sollen für meine Beerdigung und die Grabpflege der Gruft und des Einzelgrabes meiner Mutter eingesetzt werden.

4) Meinen Schmuck soll meine Schwägerin … [die Beteiligte zu 4] erhalten. Hier hat jedoch … [der Beteiligte zu 2] das Recht des Einbehaltes.”

Am 4. Juni 2015 verstarb ein ehemaliger Kriegskamerad des Vaters der Erblasserin, der sie zu seiner Alleinerbin bestimmt und ein beträchtliches Vermögen hinterlassen hatte.

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Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, nach dem Tode seiner Schwester sei gesetzliche Erbfolge eingetreten, während die Beteiligte zu 3 meint, testamentarische Erbin geworden zu sein. Beide haben die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der den jeweiligen Antragsteller als Alleinerben der Erblasserin ausweist.

Das Nachlassgericht hat die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung dahin abgeändert, dass es auch den Antrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen hat. Hiergegen richten sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und die Anschlussrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, mit denen beide Beteiligten ihre Erbscheinsanträge weiterverfolgen.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens, soweit der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen worden ist, unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 74 Abs. 6 Satz 2 Alt. 1 FamFG).

Das Beschwerdegericht hat in seiner Entscheidung (ZEV 2017, 143) ausgeführt, die Beteiligte zu 3 sei nicht Alleinerbin nach der Erblasserin geworden.

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Zwar sei deren Testament ursprünglich in diesem Sinne auszulegen gewesen. Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, nach der die testamentarische Zuwendung einzelner Gegenstände oder Gruppen von Gegenständen im Zweifel als Vermächtnisanordnung anzusehen sei, greife nicht ein, wenn der Erblasser praktisch sein gesamtes Vermögen unter den bedachten Personen aufteile. Es stehe nicht im Streit, dass die Erblasserin über ihr gesamtes Vermögen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verfügt habe. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Erblasserin neben den im Testament angeordneten Zuwendungen die gesetzliche Erbfolge habe eintreten lassen wollen.

Nach dem Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände sei das Testament zunächst dahin auszulegen gewesen, dass die Beteiligte zu 3 Alleinerbin geworden sei, weil sie nach dem Willen der Erblasserin das Hausgrundstück sowie dessen Einrichtung und damit den im Zeitpunkt der Testamentserrichtung weitaus größten Teil ihres Vermögens erhalten sollte. Dass das Grundstück nach dem Testamentswortlaut erst nach dem Tod des Beteiligten zu 2 auf die Beteiligte zu 3 übergehen sollte, stehe dem nicht entgegen, da es dem Beteiligten zu 2 lediglich “zur eigenen Nutzung zur Verfügung stehen” solle, das Eigentum an diesem aber die Beteiligte zu 3 unmittelbar habe erhalten sollen.

Allerdings gebe der Vermögenszuwachs der Erblasserin durch die Erbschaft nach dem Kriegskameraden ihres Vaters Anlass zu einer ergänzenden Testamentsauslegung, die dazu führe, lediglich von einer Teilerbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 3 auszugehen. Habe der Erblasser – wie hier – im Testament durch Zuwendung bestimmter Vermögensgegenstände eine Erbeinsetzung vorgenommen, stelle sich die Frage, ob sich daran durch einen weiteren Vermögenserwerb etwas ändere. Im Falle nachträglicher Änderungen in dem bei Testamentserrichtung vorhandenen Vermögensbestand komme die ergänzende Auslegung zur Anwendung, wenn es für die Auslegung auf das Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände ankomme.

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Eine solche Änderung sei hier eingetreten. Es sei davon auszugehen, dass die der Erblasserin zugewandte Erbschaft eine nennenswerte Summe umfasse, aufgrund derer das Hausgrundstück nun nicht mehr den weitaus größten Vermögensgegenstand im Nachlass der Erblasserin darstelle.

Habe der Erblasser nach seiner Vorstellung im Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Wesentlichen über sein gesamtes Vermögen verfügt, sei zu prüfen, ob ein späterer Vermögenserwerb dazu führe, im Wege ergänzender Auslegung anstelle der durch Einzelzuwendung gewollten Erbeinsetzung lediglich eine Teilerbeinsetzung anzunehmen. Im vorliegenden Fall sei dem Testament zu entnehmen, dass die Erblasserin beabsichtigt habe, der Beteiligten zu 3 lediglich das Hausgrundstück zuzuwenden.

Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie der Beteiligten zu 3 eine Erbenstellung habe zukommen lassen und den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge habe ausschließen wollen. Nachdem die Erblasserin hinsichtlich des aus der Erbschaft erworbenen Vermögens keine Verfügung getroffen habe, greife die gesetzliche Auslegungsregel des § 2088 Abs. 1 BGB ein, nach der hinsichtlich dieses Nachlassteils gesetzliche Erbfolge eingetreten sei.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Beschwerdegericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 nicht zurückweisen.

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Ob das Testament vom 3. September 2007 aufgrund des späteren Vermögenserwerbs ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass die Beteiligte zu 3 als gewillkürte Miterbin anzusehen ist, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüft werden. Die Aufgabe der (auch ergänzenden) Testamentsauslegung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten.

Seine Auslegung kann aber mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1993 – IV ZR 239/91, BGHZ 121, 357, 363 m.w.N.; st. Rspr.).

Danach ist eine ergänzende Testamentsauslegung auch dann rechtsfehlerhaft, wenn ihr unzureichende Feststellungen tatsächlicher Art zugrunde liegen oder der Tatrichter anerkannte Auslegungsregeln nicht beachtet hat. Beides ist hier der Fall. Auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine ergänzende Auslegung im Streitfall vorliegen.

a) Hierzu ist zunächst erforderlich, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin eine ungewollte Regelungslücke aufweist.

aa) Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter, tatsächlich eingetretener Fall vom Erblasser nicht bedacht und deshalb nicht geregelt wurde, aber geregelt worden wäre, wenn der Erblasser ihn bedacht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1963 – V ZR 15/62, WM 1963, 999 unter II 4).

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Ein nach Testamentserrichtung eingetretenes Ereignis kommt hierfür in Betracht, falls dessen Kenntnis für die Entschließung des späteren Erblassers bedeutsam gewesen wäre (RGRK/Johannsen, 12. Aufl. § 2084 Rn. 20; vgl. auch Senatsurteil vom 21. Juni 1954 – IV ZR 221/53 unter B II 3 [S. 22 f.]; Staudinger/Otte (2013), Vorb. zu §§ 2064-2086 BGB Rn. 77). Das kann auch ein unerwarteter Vermögenserwerb des Erblassers sein (vgl. BayObLG FamRZ 1989, 1348 f.; KG NJW 1971, 1992; OLG München FamRZ 2011, 1817, 1820; MünchKomm-BGB/Schlichting, 5. Aufl. § 2087 Rn. 12; Staudinger/Otte aaO Rn. 90).

Ob danach von einer planwidrigen Unvollständigkeit der Verfügung von Todes wegen auszugehen ist, kann nicht schematisch anhand des Wortlauts der letztwilligen Verfügung festgestellt werden. Vielmehr ist eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände bei Testamentserrichtung vorzunehmen (MünchKomm-BGB/Leipold, 7. Aufl. § 2084 BGB Rn. 84; Soergel/Loritz, 13. Aufl. § 2084 BGB Rn. 38).

bb) Legt man die – von der Rechtsbeschwerde als für sie günstig hingenommene – Annahme des Beschwerdegerichts zugrunde, die testamentarische Zuwendung des Hausgrundstücks sei als unbedingte Einsetzung der Beteiligten zu 3 als Alleinerbin anzusehen, fehlt es bisher an tragfähigen Feststellungen zu einer ungewollten Regelungslücke.

Allein der Umstand, dass die Erblasserin durch Zuwendung einzelner Gegenstände über ihr gesamtes Vermögen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verfügte, dabei aber keine gesonderte Anordnung hinsichtlich der späteren Erbschaft nach dem Kriegskameraden ihres Vaters traf, macht ihr Testament nicht ohne weiteres lückenhaft, weil insoweit nicht isoliert auf den Verfügungstext abgestellt werden kann.

Vielmehr ist dann, wenn der Erblasser durch Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte (vgl. Soergel/Loritz aaO § 2087 BGB Rn. 19).

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Diese Prüfung ist – entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts – von der Frage zu trennen, ob sich durch den späteren Vermögenszufluss an der Erbeinsetzung, die in der Zuwendung von Vermögensstücken zu erblicken ist, selbst etwas ändert.

Dies hat der Senat in seinem vom Beschwerdegericht zitierten Urteil vom 22. März 1972 (IV ZR 134/70) abgelehnt und ausgeführt, für die – nicht ergänzende – Auslegung sei nur der bei Testamentserrichtung vorhanden gewesene Wille des Erblassers maßgebend (FamRZ 1972, 561 unter 3; bestätigt durch Senatsurteil vom 16. Oktober 1996 – IV ZR 349/95, NJW 1997, 392 unter 2 b; a.A. Otte, ZEV 2017, 146). Ein solcher ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtplan des Erblassers, der diesem Willen zugrunde liegt und für die Ermittlung einer Regelungslücke bestimmend ist.

Insofern geht das Beschwerdegericht fehl, wenn es annimmt, dass die ergänzende Testamentsauslegung im Falle nachträglicher Änderungen in dem bei Testamentserrichtung vorhandenen Vermögensbestand eröffnet sei, falls es für die Testamentsauslegung auf das Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände ankomme.

Vielmehr ist auch in solchen Konstellationen im jeweiligen Einzelfall zunächst zu klären, ob sich die kraft Auslegung ermittelten letztwilligen Verfügungen des Erblassers angesichts der damit verfolgten Ziele als lückenhaft erweisen (vgl. MünchKomm-BGB/Leipold, 7. Aufl. § 2084 BGB Rn. 84; Kanzleiter, MittBayNot 2011, 508, 509).

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cc) Ob sich im Streitfall eine ungewollte Regelungslücke ergibt, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Der Senat kann dies nicht selbst entscheiden, weil sich aus den tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen lässt, welchen Regelungsplan die Erblasserin mit ihrem Testament verfolgte.

Zwar führt das Beschwerdegericht aus, die Erblasserin habe der Beteiligten zu 3 ausschließlich ihr Hausgrundstück zuwenden wollen, was für das Vorliegen einer Regelungslücke spräche (vgl. Soergel/Loritz aaO § 2084 BGB Rn. 43). Diese Feststellung steht aber – wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt – in Widerspruch zur Annahme, dass “ursprünglich” von der Einsetzung der Beteiligten zu 3 zur Alleinerbin auszugehen gewesen sei.

Entsprechendes gilt für die Aussage des Beschwerdegerichts, es fehle an Anhaltspunkten dafür, dass die Erblasserin der Beteiligten zu 3 eine Erbenstellung habe zukommen lassen wollen; das ist nicht mit den Ausführungen im angefochtenen Beschluss in Einklang zu bringen, dass die Beteiligte zu 3 nach dem Willen der Erblasserin das Eigentum an dem Hausgrundstück als Erbin unmittelbar habe erhalten sollen.

b) Auch wenn man mit dem Beschwerdegericht eine entsprechende Regelungslücke unterstellt, steht nicht fest, ob im Streitfall eine ergänzende Testamentsauslegung eröffnet wäre, weil dies – wie die Rechtsbeschwerde zu Recht hervorhebt – weiter voraussetzt, dass ein hypothetischer Wille der Erblasserin ermittelt werden kann, anhand dessen die vorhandene Lücke geschlossen werden könnte.

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aa) Dabei handelt es sich nicht um den mutmaßlichen wirklichen Willen der Erblasserin, sondern den Willen, den sie vermutlich gehabt hätte, wenn sie die planwidrige Unvollkommenheit der letztwilligen Verfügung im Zeitpunkt ihrer Errichtung erkannt hätte (vgl. RGZ 142, 171, 175; KG NJW 1971, 1992; Avenarius in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB 11. Aufl. § 2084 Rn. 15; RGRK/Johannsen, 12. Aufl. § 2084 BGB Rn. 21; Muscheler, Erbrecht I Rn. 1863; Bartz, NJW 1972, 1174, 1175).

Insoweit darf – wie das Beschwerdegericht zu Recht erkannt hat – ein den Verhältnissen entsprechender Erblasserwille nur unterstellt werden, wenn er auf eine bestimmte, durch Auslegung der letztwilligen Verfügung erkennbare Willensrichtung des Erblassers zurückgeführt werden kann (Senatsurteil vom 15. Dezember 1956 – IV ZR 238/56, BGHZ 22, 357, 360; RGZ 142, 171, 175).

Lässt sich ein solcher Wille nicht feststellen, so muss es trotz vorhandener Regelungslücke bei dem bisherigen Auslegungsergebnis verbleiben (vgl. OLG Hamm FamRZ 1997, 121, 123; MünchKomm-BGB/Leipold, 7. Aufl. § 2084 Rn. 93; Hammann, ErbR 2014, 420, 424; wohl a.A. Otte, ZEV 2017, 146, 147).

bb) Auch einen entsprechenden hypothetischen Willen hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es ausschließlich auf den von ihm angenommenen tatsächlichen Willen der Erblasserin abgestellt, nach dem die Beteiligte zu 3 nur das Hausgrundstück habe erhalten sollen.

Im Übrigen hat es sich darauf beschränkt, das Fehlen von Anhaltspunkten festzustellen, die für eine Erbenstellung der Beteiligten zu 3 und gegen einen letztwilligen Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge sprächen. Von diesem Ansatzpunkt aus konsequent hat es schließlich auf die gesetzliche Auslegungsregel des 2088 Abs. 1 BGB abgestellt, die indes die Ermittlung des maßgeblichen hypothetischen Erblasserwillens nicht ersetzen kann.

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cc) Die fehlende Feststellung kann der Senat nicht nachholen. Sollte dem Beschwerdegericht eine solche auch nach Zurückverweisung nicht möglich sein, bliebe es bei der Erbeinsetzung, wie sie sich nach Auslegung des Testaments vom 3. September 2007 ergibt.

Die Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3 erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund im Ergebnis als richtig. Zwar bestehen rechtliche Zweifel an der Annahme des Beschwerdegerichts, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 3 ursprünglich zu ihrer unbeschränkten Alleinerbin eingesetzt habe (hierzu a und b). Der Senat kann aber anhand der getroffenen Feststellungen eine entsprechende gewillkürte Erbfolge auch nicht ausschließen (hierzu c).

a) Dabei ist es – anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint – im Ausgangspunkt aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Zuwendung des Hausgrundstücks im Sinne einer Erbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 3 gewertet hat.

Rechtsfehlerfrei hat es seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass im Falle testamentarischer Zuwendung einzelner Gegenstände die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB dann nicht Platz greift, wenn durch Auslegung die Zweifel überwunden sind, die zur gegenteiligen Auslegung als Vermächtnis durchgreifen müssten (Senatsurteil vom 22. März 1972 – IV ZR 134/70, FamRZ 1972, 561 unter 3 m.w.N.).

Eine Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände anzunehmen sein, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte (Senatsurteil vom 19. Januar 2000 – IV ZR 157/98, ZEV 2000, 195 unter I 2 b aa m.w.N.).

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Ebenso begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, die Zuwendung des wertmäßigen Hauptnachlassgegenstands, etwa eines Hausgrundstücks, als Erbeinsetzung des Bedachten anzusehen, wenn der Nachlass dadurch im Wesentlichen erschöpft wird oder der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übertrifft, dass der Erblasser ihn als seinen wesentlichen Nachlass angesehen hat (BayObLG FamRZ 2006, 147, 148; BayObLGR 2005, 34; OLG Naumburg OLGR 2007, 355 f.; RGRK/Johannsen aaO § 2087 Rn. 8).

Dass diese Voraussetzungen für die Zuwendung des Hausgrundstücks durch die Erblasserin an die Beteiligte zu 3 vorliegen, stellt auch die Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht in Abrede. Sie meint jedoch, dass damit lediglich besonderer Anlass zu der – vom Beschwerdegericht unterlassenen – Prüfung bestanden habe, ob entgegen § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung vorliege (so auch: Staudinger/Otte (2013), § 2087 BGB Rn. 19).

Das trifft indes nicht zu. Vielmehr bildet das Vorliegen einer Erbeinsetzung in solchen Fällen die Regel, weil ansonsten im Falle des Fehlens weiterer Indizien die gesetzliche Zweifelsregelung eingriffe und zu dem vom Erblasser mutmaßlich nicht gewollten Ergebnis führte, dass es an einer Berufung von Erben durch letztwillige Verfügung überhaupt mangelt (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1972 – IV ZR 1208/68, DNotZ 1972, 500; BayObLGR aaO; OLG Naumburg aaO; MünchKomm-BGB/Rudy, 7. Aufl. § 2087 BGB Rn. 9).

b) Das Beschwerdegericht hat aber rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob im Streitfall ausnahmsweise eine von den vorstehenden Grundsätzen abweichende Testamentsauslegung geboten ist.

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Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hervorhebt, kommt es bei der Entscheidung, ob eine Person als Erbe eingesetzt ist, wesentlich darauf an, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass regeln und die Nachlassschulden, zu denen auch die Bestattungskosten zählen, zu tilgen hat und ob der Bedachte unmittelbare Rechte am Nachlass oder nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben soll (BayObLG FamRZ 1986, 604, 605; FamRZ 1986, 835, 837; MünchKomm-BGB/Rudy aaO Rn. 8; Soergel/Loritz aaO § 2087 BGB Rn. 4).

Dabei kommt der im Rahmen der ergänzenden Testamentsauslegung geäußerten Annahme des Beschwerdegerichts, die Erblasserin habe der Beteiligten zu 3 allein das Hausgrundstück zuwenden wollen, entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung keine Bedeutung zu; angesichts der oben dargelegten Widersprüchlichkeit (vgl. hierzu oben unter II 2 a cc) bietet diese Annahme keine tragfähige Auslegungsgrundlage.

Das Beschwerdegericht hat aber im Rahmen seiner Auslegung dem Umstand nur unzureichend Beachtung geschenkt, dass der fragliche Grundbesitz zunächst dem Beteiligten zu 2 bis an sein Lebensende zur Verfügung stehen und dann erst auf die Beteiligte zu 3 übergehen sollte. Die insofern vorgenommene Auslegung als Vermächtnis eines Wohnrechts zugunsten des Beteiligten zu 2 ist zwar denkbar.

Dabei hat das Beschwerdegericht aber rechtsfehlerhaft (vgl. hierzu Senatsurteil vom 24. Februar 1993 – IV ZR 239/91, BGHZ 121, 357, 363) die ebenfalls in Betracht kommende Auslegungsmöglichkeit nicht in Erwägung gezogen, dass der Beteiligte zu 2 als Vorerbe und die Beteiligte zu 3 als Nacherbin im Sinne des § 2100 BGB bedacht sein könnten.

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c) Der Senat kann über die Auslegung des Testaments insoweit nicht selbst entscheiden, weil auch hierfür die tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichen.

So ist nicht geklärt, wer nach dem Willen der Erblasserin den Nachlass regeln und die Nachlassverbindlichkeiten tragen sollte. Insbesondere wäre insofern von Belang, wer aus ihrer Sicht die Grabpflegeauflage nach Ziff. 3 des Testaments erfüllen sollte; dies wird entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts nicht teilweise dadurch beantwortet, dass die Beteiligte zu 3 im Verfügungstext insoweit nicht als Beschwerte benannt wurde.

Dass entsprechende Feststellungen nicht getroffen werden können, steht nicht fest, nachdem der Beteiligte zu 2, der laut seiner schriftlichen Stellungnahme vom 7. Dezember 2015 die letzten 15 Lebensjahre der Erblasserin mit dieser zusammengelebt hatte, zu entsprechenden Äußerungen seiner Lebensgefährtin, die unter Umständen Rückschlüsse auf ihren Willen bei Testamentserrichtung erlauben könnten, bislang nicht befragt worden ist.

III. Die Anschlussrechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die gegen die Zurückweisung seines Erbscheinsantrags gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 zu Recht zurückgewiesen. Die Annahme, dass er nicht Alleinerbe geworden sei, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

BGH IV ZB 15/16

Die Auslegung, dass zumindest einer der im Testament genannten Bedachten gewillkürter Erbe werden sollte, ist frei von Rechtsfehlern.

Die Begründung der Anschlussrechtsbeschwerde deckt keine entsprechenden Mängel auf, sondern versucht lediglich die Auslegung des Beschwerdegerichts durch die eigene des Beteiligten zu 1 zu ersetzen.

Vom Beschwerdegericht nicht beachtete Anhaltspunkte, die dafür sprächen, dass die Erblasserin trotz vollständiger Verteilung ihres im Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorhandenen Nachlasses überhaupt keinen Erben berufen wollte, zeigt die Anschlussrechtsbeschwerde nicht auf; sie sind auch anderweitig nicht erkennbar.

Nichts anderes folgt aus den Grundsätzen der ergänzenden Testamentsauslegung.

Zwar ist nicht auszuschließen, dass das Beschwerdegericht nach Zurückverweisung der Sache zu einer abweichenden Erbfolge gelangt.

Dies kann aber nicht dazu führen, dass die ursprüngliche Einsetzung des oder der durch die Erblasserin gewillkürten Erben gänzlich entfiele.

Denn die Berufung zum Erben setzt nicht notwendig voraus, dass ihm ein mehr oder weniger großer oder sogar der größte Teil des Nachlasses verbleibt (Senatsurteil vom 7. Juli 2004 – IV ZR 135/03, ZEV 2004, 374 unter II 2).

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