BGH V ZB 159/12

August 4, 2017

BGH V ZB 159/12 für die Löschung der Grundschuld ist die Vorlage des Grundschuldbriefs erforderlich

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 2 und 3 sind als Miteigentümer je zur ideellen Hälfte des im Grundbuch von H. Blatt 571 unter der laufenden Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses aufgeführten Flurstücks 42/1 der Flur 6 eingetragen. Dieses war in ein Flurbereinigungsverfahren einbezogen. Nach dem Flurbereinigungsplan erfolgte keine Landabfindung der Beteiligten zu 2 und 3 im Grundbuchbezirk H. . Die in Abteilung III des Grundbuchs unter der laufenden Nummer 4 eingetragene Briefgrundschuld über 18.000 € zugunsten der W. Bank eG ist zu löschen.

BGH V ZB 159/12

Der Flurbereinigungsplan ist unanfechtbar. Die Beteiligte zu 1 ordnete seine Ausführung an. Als Zeitpunkt des neuen Rechtszustands setzte sie den 3. August 2010 fest. 1 Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 ersuchte die Beteiligte zu 1 das Grundbuchamt um die Berichtigung des Grundbuchs entsprechend der im Flurbereinigungsplan getroffenen Regelungen.

Das Grundbuchamt hat im Wege einer Zwischenverfügung die beantragte Löschung von der Vorlage des Grundschuldbriefs für das in Abt. III Nr. 4 eingetragene Recht abhängig gemacht. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat es nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 das Eintragungsersuchen weiter.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO die Vorlage des Grundschuldbriefs notwendig, da die Löschung in den Spalten 8 – 10 der Abteilung III unter der Nummer der eingetragenen Grundschuld zu vermerken sei. Darauf, ob es sich um eine rechtsändernde oder nur berichtigende Eintragung handele, komme es nicht an. Es genüge, dass sie dazu bestimmt sei, über die dingliche Rechtslage Auskunft zu geben. Davon sei hier auszugehen, da das betroffene Grundstück nicht mehr den Belastungsgegenstand bilde. Das Eintragungsersuchen ersetze nicht das Erfordernis der Briefvorlage.

III.

Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Auffassung des Grundbuchamts bestätigt, dass für die beantragte Löschung die Vorlage des Grundschuldbriefs erforderlich ist.

BGH V ZB 159/12

1. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO ist der Grundschuldbrief vorzulegen, wenn eine Eintragung bei einer Briefgrundschuld erfolgen soll. Eintragungen “bei einer Grundschuld” sind solche Eintragungen, die in der Abteilung III des Grundbuchs unter der Nummer erfolgen, unter der die Grundschuld eingetragen ist.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eintragung rechtsbegründend oder rechtsbezeugend ist, auf Bewilligung, Unrichtigkeitsnachweis oder Zwangsvollstreckung beruht, auf Antrag, auf Ersuchen oder von Amts wegen vorzunehmen ist, endgültigen oder vorläufigen Charakter hat, ob der Grundschuldgläubiger von der Eintragung betroffen oder begünstigt oder ob sie für ihn rechtlich neutral ist, und ob die Eintragung auf dem Brief vermerkt wird oder nicht. Keine Eintragungen im Sinn von § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO sind dagegen solche, die zwar materiell auf die Grundschuld einwirken, aber grundbuchmäßig ihre Eintragung in Abteilung III nicht berühren.

Dasselbe gilt für die Verlautbarung von Tatsachen wie die identitätswahrende Namensänderung des Berechtigten, die Richtig- und Klarstellung ungenauer Eintragungsvermerke, Umstellungen von Grundpfandrechten auf Euro seit dem 31. Dezember 2001, Vermerke über das Bestehen oder Erlöschen anderer Mithaftstellen, die nur infolge von Umbuchungen angebracht werden, die Einweisung eines anderen Rechts in einen bei der Hypothek oder Grundschuld bereits eingetragenen vorbehaltenen Rang und die Umbuchung des belasteten Grundbesitzes auf ein anderes Grundbuchblatt (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 – V ZB 160/12, FGPrax 2013, 98, 99 Rn. 7).

BGH V ZB 159/12

2. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht davon aus, dass das Eintragungsersuchen der Beteiligten zu 1 gemäß § 79 FlurbG eine nach § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO erforderliche Briefvorlage nicht ersetzt. Auch im 6 Grundbuchberichtigungsverfahren aufgrund eines Ersuchens gemäß § 79 FlurbG ist die Flurbereinigungsbehörde zur Vorlage von Hypotheken- und Grundschuldbriefen verpflichtet, wenn Eintragungen bei den verbrieften Rechten in Abteilung III des Grundbuchs notwendig sind. Erfolgen die berichtigenden Eintragungen dagegen nur im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs, besteht keine Pflicht zur Briefvorlage (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 – V ZB 160/12, FGPrax 2013, 98, 99 f. Rn. 11 ff.).

3. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht auch an, dass es sich bei der für die Erledigung des Löschungsersuchens notwendigen Eintragung um eine Eintragung bei der Grundschuld im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO handelt.

a) In dem Flurbereinigungsverfahren tritt mit dem in der Anordnung der Ausführung des unanfechtbaren Flurbereinigungsplans durch die Flurbereinigungsbehörde genannten Zeitpunkt der neue Rechtszustand entsprechend den Festlegungen in dem Bereinigungsplan ein (§ 61 Satz 2 FlurbG).

Die Rechtsänderungen vollziehen sich außerhalb des Grundbuchs. Das Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde um Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch (§ 79 FlurbG) dient somit der Grundbuchberichtigung. Zusammen mit den sonstigen Unterlagen (§ 80 FlurbG) ersetzt es den Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 GBO), Eintragungsbewilligungen (§ 19 GBO), eventuell notwendige Zustimmungen Dritter und den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 – V ZB 160/12, FGPrax 2013, 98, 99 Rn. 9).

BGH V ZB 159/12

b) Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 sind für die Löschung der Grundschuld nicht lediglich Veränderungen im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs vorzunehmen. Das Eintragungsersuchen der Beteiligten zu 1 ist auf die 8 Löschung der in Abteilung III unter der laufenden Nummer 4 eingetragenen Briefgrundschuld gerichtet. Das belastete Grundstück bildet damit nicht mehr den Belastungsgegenstand der Grundschuld. Dies ist gemäß § 10 Abs. 7 und 8 GBV in den Spalten 8 – 10 der Abteilung III unter der Nummer der eingetragenen Grundschuld (sowie auf dem Grundschuldbrief, § 62 Abs. 1, § 70 Abs. 1 GBO) zu vermerken. Soweit die Beteiligte zu 1 unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Landgerichts Mannheim vom 22. Oktober 2006 (6 T 46/06) und des Landgerichts Mosbach vom 20. Januar 2006 (1 T 95/05) meint, der Grundschuldbrief

müsse nicht vorgelegt werden, weil gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG die Landabfindung hinsichtlich der Rechte an dem alten Grundstück und der dieses Grundstück betreffenden Rechtsverhältnisse an die Stelle des alten Grundstücks trete, verkennt sie, dass es im vorliegenden Fall – anders als in dem der Senatsentscheidung vom 7. Februar 2013 (V ZB 160/12, FGPrax 2013, 98 ff.) zugrundeliegenden Fall – nicht um eine nur im Bestandsverzeichnis zu verzeichnende Auswechslung des betroffenen Grundstücks als Haftungsobjekt geht. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind für das hier betroffene Grundstück nicht durch ein Ersatzgrundstück abgefunden worden, an dem sich die Grundschuld gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG fortgesetzt hätte.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner Vorinstanzen:

AG Korbach, Entscheidung vom 21.03.2012 – HN-571-8 –

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 16.07.2012 – 20 W 176/12 – 11

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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