Bundesfinanzhof IV R 4/03

Juli 14, 2020

Bundesfinanzhof IV R 4/03, Urteil verkündet am 01.07.2004, keine Eintragung im Handelsregister, Auflösung der Gesellschaft, Nachtragsliquidation

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Eine nicht im Handelsregister eingetragene GmbH kann auch nach ihrer Auflösung und Löschung noch Einspruch gegen einen Steuerbescheid einlegen, wenn sie durch einen ihrer Gesellschafter vertreten wird.

Das Finanzamt darf einen solchen Einspruch nicht als unzulässig verwerfen.

Sachverhalt:

  • Die Klägerin, eine GmbH, wurde zwar gegründet, aber nie ins Handelsregister eingetragen.
  • Sie wurde 1993 aufgelöst und später wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
  • Das Finanzamt erließ 1993 einen Gewinnfeststellungsbescheid, der Verluste der Gesellschaft nicht berücksichtigte.
  • Der Prozessbevollmächtigte der Gesellschaft legte Einspruch ein, den das Finanzamt als unzulässig verwarf, da eine GbR keine Rechtsfähigkeit habe.
  • Der Prozessbevollmächtigte erhob Klage gegen die Einspruchsentscheidung.
  • Das Finanzgericht gab der Klage statt und hob die Einspruchsentscheidung auf.
  • Das Finanzamt legte Revision ein.

Bundesfinanzhof IV R 4/03

Entscheidungsgründe:

  • Klagebefugnis einer vollbeendeten GbR:

    • Eine vollbeendete GbR kann gegen eine Einspruchsentscheidung klagen, wenn diese formelle Fehler aufweist.
    • Im vorliegenden Fall war die Klägerin eine vollbeendete GbR (unechte Vorgesellschaft).
  • Vertretung der Klägerin:

    • Die Klägerin wurde im Prozess wirksam durch einen ehemaligen Gesellschafter vertreten.
    • Die Gesellschafter hatten ihn stillschweigend zum Liquidator bestellt, obwohl dies nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag geregelt war.
    • Eine Nachtragsliquidation war nicht erforderlich, da die Gesellschaft bereits vollbeendet war.
  • Zulässigkeit des Einspruchs:

    • Das Finanzamt hätte den Einspruch der Klägerin nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
    • Eine vollbeendete GbR kann gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid Einspruch einlegen, wenn sie durch einen geschäftsführungsbefugten Gesellschafter vertreten wird.
    • Die Klägerin handelte in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter.
    • Selbst wenn das Finanzamt die Vollbeendigung der Klägerin nicht erkennen konnte, hätte es den Einspruch im Wege der Auslegung als zulässig ansehen müssen.
  • Weitere Schritte:

    • Das Finanzamt muss klären, wer von den Gesellschaftern als Einspruchsführer anzusehen ist.
    • Sind nicht alle Gesellschafter betroffen, sind die übrigen zum Verfahren hinzuzuziehen.
    • Das Finanzamt muss dann in der Sache über den Einspruch entscheiden.

Bundesfinanzhof IV R 4/03

Fazit:

  • Eine nicht im Handelsregister eingetragene, aber vollbeendete GmbH kann noch Einspruch gegen einen Steuerbescheid einlegen, wenn sie durch einen Gesellschafter vertreten wird.
  • Das Finanzamt darf einen solchen Einspruch nicht als unzulässig verwerfen.
  • Im Falle einer vollbeendeten GbR geht die Klagebefugnis gegen Gewinnfeststellungsbescheide auf die Gesellschafter über.
  • Die GbR kann jedoch in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter handeln und Einspruch einlegen, wenn sie durch einen geschäftsführungsbefugten Gesellschafter vertreten wird.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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