Erbschaftsteuer – Aktueller Überblick

Juli 21, 2024

Erbschaftsteuer – Aktueller Überblick

RA und Notar Krau


Die Erbschaft- und Schenkungsteuer hat in den letzten Jahren einige Veränderungen erfahren.

Diese Entwicklungen betreffen hauptsächlich unternehmerisch gebundenes Vermögen, wobei der Gesetzgeber versucht hat, größere Reformen zu vermeiden und sich auf notwendige Anpassungen zu beschränken.

Die meisten Änderungen zielen darauf ab, die rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, ohne das Steuersystem grundlegend zu verändern.

Erbschaftsteuer und Europarecht


Europarechtlich ist die Kapitalverkehrsfreiheit auch für unentgeltliche Erwerbe relevant.

Der EuGH hat klargestellt, dass es keine Benachteiligung von im EU-Ausland ansässigen Erwerbern gegenüber Inländern geben darf.

Dies führte zur Abschaffung von § 2 Abs. 3 ErbStG, der beschränkt Steuerpflichtigen auf Antrag eine höhere Steuerfreigrenze ermöglicht hatte.

Nun müssen auch bei beschränkter Steuerpflicht höhere Freibeträge gewährt werden, wobei der Freibetrag anteilig gemindert wird, wenn das Vermögen teilweise nicht der deutschen Steuerpflicht unterliegt.

Das europarechtliche Diskussionsklima hat sich beruhigt, bleibt aber in bestimmten Bereichen wie der Behandlung von Drittstaatenvermögen kompliziert.

Beispielsweise ist begünstigtes Betriebsvermögen in Drittstaaten nicht immer steuerfrei, es sei denn, es gehört zu einem Unternehmen innerhalb der EU oder des EWR.

Erbschaftsteuer – Aktueller Überblick

Nationale Verfassungsrechtliche Aspekte


Das Bundesverfassungsgericht erklärte 2014 Teile des ErbStG für verfassungswidrig.

Kritisiert wurden insbesondere die nahezu vollständige Steuerfreistellung von Betriebsvermögen und die Ausnahmen für kleinere Unternehmen von der Lohnsummenkontrolle.

Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem Gesetz vom 4. November 2016 Anpassungen vorgenommen, um diese Mängel zu beheben, ohne jedoch das ErbStG umfassend zu reformieren.

Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen verfassungskonform sind.

Der BFH interpretiert die Verschonungsnormen restriktiv, um sie konform zu halten, was auf längere Sicht zu einer stabilen Rechtspraxis führen dürfte.

Besteuerungstatbestand und steuerliche Bereicherung


Die Erwerbstatbestände von Todes wegen umfassen auch Abfindungen für Verzichtserklärungen auf erbrechtliche Ansprüche.

Diese werden steuerlich wie Zuwendungen des Erblassers behandelt.

Die Steuerpflicht entsteht dabei zum Zeitpunkt der Verzichtserklärung.

Eine Erweiterung der Erbschaftsteuerpflicht auf solche Abfindungszahlungen erfolgte durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz 2017.

Erbschaftsteuer – Aktueller Überblick

Der BFH hat zudem klargestellt, dass Abfindungszahlungen an potenzielle Nachlassberechtigte nicht als freigebige Zuwendungen gelten, wenn sie aus rechtlich ungesicherten Erwerbsaussichten resultieren.

Bei einer Vereinbarung zwischen potenziellen Erben, die eine Abfindung für den Verzicht auf erbrechtliche Ansprüche erhalten, ist jedoch Schenkungsteuer fällig.

Konkurrenz von Schenkungsteuer und Einkommensteuer


Im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) hat sich die Rechtslage geklärt.

Der BFH hat entschieden, dass überhöhte Tätigkeitsvergütungen keine Schenkungen darstellen, wenn der Gesellschafter in die Vereinbarung eingebunden ist.

Es handelt sich vielmehr um eine vorweggenommene Ausschüttung.

Zuwendungen an nahestehende Personen können jedoch als freigebige Zuwendungen zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person gelten.

Steuerpflicht und Freibeträge


Ein wichtiger Aspekt ist die Entstehung der Steuerpflicht bei Pflichtteilen.

Diese entsteht erst mit der Geltendmachung des Anspruchs, um den Pflichtteilsberechtigten nicht zu belasten, bevor er tatsächlich Mittel aus dem Nachlass erhält.

Pflichtteilsansprüche, die Teil des Nachlasses sind, unterliegen der Besteuerung im Erbfall, auch wenn sie nicht geltend gemacht werden.

Steuerbefreiungen und Abzugsbeschränkungen


Bestimmte steuerbefreite Vermögensgegenstände wie Familienheime und Betriebsvermögen genießen Steuerfreiheit unter spezifischen Bedingungen.

Erbschaftsteuer – Aktueller Überblick

Schulden und Lasten, die mit steuerbefreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nicht abzugsfähig.

Dies gilt z.B. für Darlehensschulden, die auf ein steuerbefreites Familienheim entfallen.

Unternehmensnachfolge und Verschonungsregelungen


Die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen wurden aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts präzisiert.

Nun wird nur noch das tatsächlich begünstigte Vermögen um den Verschonungsabschlag gekürzt, während schädliches Verwaltungsvermögen regulär besteuert wird.

Ein Vorwegabschlag von bis zu 30 % kann für familiengebundene Unternehmen gewährt werden, unterliegt aber strengen Bedingungen.

Für große Erwerbe über 26 Millionen Euro reduziert sich der Verschonungsabschlag schrittweise bis auf null bei einem Erwerb von mehr als 90 Millionen Euro.

Dies kann durch geschickte Gestaltungen wie die Kettenschenkung umgangen werden, bei der Vermögenswerte auf mehrere Personen übertragen werden, bevor sie an den endgültigen Erwerber gehen.

Schlagworte

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Letzten Beiträge