OLG Bamberg 5 W 1/17

Juli 18, 2017

OLG Bamberg 5 W 1/17

Keine Voreintragung der Erbengemeinschaft erforderlich bei Erbauseinandersetzung und Übertragung des Grundbesitzes an einen Miterben

Vorinstanz:
AG Aschaffenburg, Beschluss vom 15.12.2016 – Rückersbach Blatt 1111-10

Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschaffenburg – Grundbuchamt – vom 15.12.2016 aufgehoben.

Gründe

OLG Bamberg 5 W 1/17

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschaffenburg – Grundbuchamt – vom 15.12.2016 ist gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 73 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 Abs. 3 RPfIG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Notar kann als Vertreter ohne Vorlage einer Vollmacht gegen die auf den gestellten Eintragungsantrag ergangene Entscheidung für einen Antragsberechtigten Beschwerde gemäß § 15 GBO einlegen (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 15 Rn. 20).

Gemäß § 72 GBO ist das Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, wobei es gemäß § 81 Abs. 1 GBO in voller Besetzung des Senats zu entscheiden hat.

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 15.12.2016 hat Erfolg.

Gegenstand der Beschwerde ist nur das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst.

Die angefochtene Zwischenverfügung ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückzugeben

(vgl. OLG Nürnberg NotBZ 2013, 482 – 483 m.w.N.).

OLG Bamberg 5 W 1/17

Das Erstgericht hat zu Unrecht mit der angefochtenen Zwischenverfügung ein Eintragungshindernis im Hinblick auf einen fehlenden Antrag auf Voreintragung der Erbengemeinschaft angenommen und zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Frist gesetzt.

Das vom Erstgericht in der Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist vorliegend keine Voreintragung der Erbengemeinschaft erforderlich.

Zwar soll nach § 39 Abs. 1 GBO eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Gemäß § 40 Abs. 1 GBO ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO aber nicht anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und wenn die Übertragung oder Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll.

Diese Voraussetzungen des § 40 GBO liegen vor.

Die aus den beiden Antragstellern bestehende Erbengemeinschaft ist Erbe des im Grundbuch eingetragenen Berechtigten geworden.

Mit der vorliegenden notariellen Urkunde vom 12.12.2016 erfolgte eine Übertragung des Rechts auf den Antragsteller LGS im Sinne des § 40 GBO. Mit der verfahrensgegenständlichen Urkunde des Notars B. erfolgte eine Erbauseinandersetzung.

Der Beteiligte zu 2) übernimmt danach den Nachlass, bestehend aus dem Grundbesitz.

Die Beteiligte zu 1) scheidet gegen Zahlung aus der Erbengemeinschaft aus.

Insoweit liegt im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundbesitz im Sinne des § 40 GBO vor.

OLG Bamberg 5 W 1/17

Dass in einem solchen Fall einer Erbauseinandersetzung keine Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch erforderlich ist, vielmehr sofort der als Eigentümer verbliebene Erbe aufgrund der Erbauseinandersetzung eingetragen werden kann, ergibt sich auch aus der Regelung der Gebührenbefreiung nach Anm. 1 S. 2 zu Nr. 14110 KV GNotKG.

Die Gebührenbefreiung gilt danach nur, wenn Miterben ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen werden.

Wurde zunächst die Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen, ist die folgende weitere Eintragung eines oder mehrerer Erben aufgrund der Erbenauseinandersetzung nicht mehr gebührenbefreit (vgl. OLG München JurBüro 2016, 254 – 256).

Der Gesetzgeber hat mit der zitierten Gebührenbefreiung gerade den vorliegenden Sachverhalt erfassen wollen. Wenn nun in einer solchen Fallgestaltung eine Voreintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümer gefordert werden würde, würde diese vom Gesetzgeber geregelte Gebührenbefreiung insoweit leer laufen, was dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde.

Etwas anders ergibt sich auch nicht aus der vom Erstgericht zitierten Entscheidung des OLG Köln vom 19.03.2014 (NotBZ 2014, 297).

Unabhängig davon, dass das Oberlandesgericht Köln in der zitierten Entscheidung offen gelassen hat, ob bei einer sog. Abschichtung die Eintragung der verbliebenen Erben als Eigentümer erst nach Voreintragung der Erbengemeinschaft erfolgen kann

oder ob in derartigen Fällen in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO die Voreintragung der Erbengemeinschaft entbehrlich ist, ist auch der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln unter Rdz 13 a.E. zu entnehmen, dass der Fall einer Erbauseinandersetzung von dem Fall einer Erbteilsübertragung oder einer sog. Abschichtung zu unterscheiden ist.

Vorliegend erfolgte aber eine Erbauseinandersetzung, so dass insoweit bereits eine direkte Anwendung des § 40 GBO zu erfolgen hat.

OLG Bamberg 5 W 1/17

Selbst wenn man eine direkte Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO nicht annehmen würde, ist § 40 GBO auf die vorliegende Fallgestaltung zumindest analog anwendbar mit der Folge, dass eine Voreintragung der Erbengemeinschaft entbehrlich ist.

Verbleibt nur ein Miterbe oder ein Dritter, besteht ein Unterschied zu dem in § 40 Abs. 1, 1. Fall GBO geregelten Fall nur insoweit, als der neue Eigentümer sein Recht nicht durch Verfügung über einen einzelnen Nachlassgegenstand,

sondern durch Erwerb der Erbteile erlangt hat; die Gründe, die den Verzicht auf die Voreintragung bei § 40 Abs. 1, 1. Fall GBO begründen, treffen aber in gleicher Weise zu, so dass eine Analogie gerechtfertigt ist

(vgl. OLG Nürnberg NotBZ 2013, 482 – 483).

Nach alledem ist der vom Erstgericht geforderte Antrag auf Voreintragung der Erbengemeinschaft nicht erforderlich mit der Folge, dass die Zwischenverfügung vom 15.12.2016 aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückzugeben war.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

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