OLG Frankfurt am Main 21 W 42/19 – Einziehung eines Erbscheins

September 18, 2022

OLG Frankfurt am Main 21 W 42/19 – Einziehung eines Erbscheins

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Nachlassgericht ist im Verfahren betreffend die Erteilung und die Einziehung eines Erbscheins nicht an ein rechtskräftiges

Versäumnisurteil des Prozessgerichts gebunden, sofern das Urteil nicht zwischen allen Beteiligten des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen ist.   

Hintergrund:

  • Der Erblasser verstarb 2006 und hinterließ seine Ehefrau und zwei gemeinsame Kinder (Beteiligte zu 1 und 4).
  • Die Beteiligte zu 2) war ein außereheliches Kind des Erblassers.
  • Ein Testament existierte nicht, sodass die gesetzliche Erbfolge galt.
  • 2008 wurde ein Erbschein erteilt, der nur die Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder als Erben berücksichtigte, da die Beteiligte zu 2) auf ihre Erbansprüche verzichtet hatte.
  • 2016 beantragte der Beteiligte zu 1) die Einziehung dieses Erbscheins und die Erteilung eines neuen Erbscheins, der auch die Beteiligte zu 2) als Erbin berücksichtigt.
  • Die Beteiligte zu 2) und ihre Kinder schlugen daraufhin die Erbschaft aus bzw. fochten die Annahme der Erbschaft an.
  • In einem parallel laufenden Zivilprozess wurde festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) doch Miterbin ist.
  • Das Nachlassgericht wies den Antrag auf Einziehung des alten und Erteilung eines neuen Erbscheins zurück, da die Beteiligte zu 2) die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe.
  • Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 1) Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Frankfurt:

OLG Frankfurt am Main 21 W 42/19 – Einziehung eines Erbscheins

  • Das OLG wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts.
  • Es stellte fest, dass das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren nicht an das zivilgerichtliche Versäumnisurteil gebunden war, da der Beteiligte zu 4) nicht am Zivilprozess beteiligt war und seine Erbansprüche durch das Urteil eingeschränkt würden.
  • Die Beteiligte zu 2) hatte die Erbschaft wirksam ausgeschlagen, da ihre anfängliche formlose Erklärung zwar unwirksam war, sie aber die Versäumung der Ausschlagungsfrist wirksam angefochten hatte.
  • Sie konnte sich dabei auf einen Irrtum berufen, da sie aufgrund des unrichtigen Erbscheins davon ausgehen durfte, nicht erbberechtigt zu sein.
  • Da die Beteiligte zu 2) die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hatte, war der ursprüngliche Erbschein korrekt und musste nicht eingezogen werden.

Fazit:

  • Ein zivilgerichtliches Urteil entfaltet nur zwischen den beteiligten Parteien Rechtskraft und bindet das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren nicht, wenn Dritte betroffen sind.
  • Die Erteilung eines unrichtigen Erbscheins kann einen Rechtsirrtum bei einem Erben begründen, der eine wirksame Anfechtung der Ausschlagung ermöglicht, selbst wenn die Ausschlagungsfrist bereits abgelaufen ist.
  • Das Nachlassgericht muss im Erbscheinsverfahren die tatsächliche Rechtslage unabhängig von zivilgerichtlichen Entscheidungen prüfen und berücksichtigen, wenn Dritte betroffen sind.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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