OLG Köln 2 Wx 102/22, Beschluss vom 11.07.2022 – Grundbuchberichtigung nach Tod eines Mitgesellschafters einer GbR
Die am 27.04.2022 bei dem Amtsgericht Euskirchen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen die am 26.04.2022 in Abteilung I vorgenommene Eintragung der Beteiligten zu 1. als Alleineigentümerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2. zu tragen.
I.
In notarieller Urkunde vom 01.09.2010 (URNr. X1 für 2010 des Notars A in B, Bl. 60 ff.) gründete Herr C D mit der Beteiligten zu 1., seiner Ehefrau, eine BGB-Gesellschaft unter dem Namen “E GbR”.
Unter § 11 “Tod eines Gesellschafters” heißt es:
“Stirbt ein Gesellschafter, so wächst dessen Geschäftsanteil dem verbleibenden Gesellschafter an.
Beim Tode des längstlebenden Gesellschafters oder im Falle des gleichzeitigen Versterbens geht der Anteil auf den jeweiligen Erben bzw. den vom jeweiligen Gesellschafter genannten Vermächtnisnehmer über.
Die Geschäftsanteile sind insoweit vererblich.”
Herr D brachte den im Grundbuchblatt X2 des Grundbuchs von F verzeichneten Grundbesitz (jeweils Gemarkung F, Flur 4, Flurstücke 24 und 95) in die Gesellschaft ein.
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Als Eigentümerin wurde am 10.09.2020 die vorgenannte Gesellschaft mit Herrn C D und der Beteiligten zu 1. als Gesellschaftern eingetragen.
Am 10.06.2021 verstarb Herr C D.
Gemäß Antrag der Beteiligten zu 1. vom 16.12.2021 (Bl. 122) hat das Grundbuchamt am 26.04.2022 als Alleineigentümerin die Beteiligte zu 1. eingetragen mit dem Vermerk “Infolge Anwachsung nach Tod des Gesellschafters 3.1. auf Nr. 4 umgeschrieben.”
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer am 27.04.2022 bei dem Amtsgericht eingelegten, als “Widerspruch” bezeichneten Beschwerde (Bl. 137). Sie bringt vor, die Hälfte des Grundbesitzes fiele in den Nachlass ihres verstorbenen Vaters, sodass für diesen Anteil Erbansprüche von ihr sowie ihrer Schwester vorlägen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Eine Beschwerde gegen eine vollzogene Eintragung ist unzulässig; mit ihr kann nur das Ziel verfolgt werde, das Grundbuchamt zur Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO anzuweisen (§ 71 Abs. 2 GBO). Auch mit diesem zulässigen Ziel hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen unter dem Gesichtspunkt der Beschwerdeberechtigung, die nach § 59 Abs. 1 FamFG eine Beeinträchtigung in eigenen Rechten voraussetzt.
Ob die Beteiligte zu 2. im Hinblick darauf, dass der Erblasser in dem notariellen Testament vom 01.09.2010 die Beteiligte zu 1. zur Alleinerbin berufen hat, eine Beteiligung als (Mit-)Erbin überhaupt geltend machen kann, kann aber dahinstehen.
Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die beanstandete Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist und nicht zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs im Sinne des § 53 GBO geführt hat.
Vielmehr hat das Grundbuchamt aufgrund des Todes des Mitgesellschafters mit Recht die Beteiligte zu 1. als Alleineigentümerin eingetragen, da sie mit dem Tod des Mitgesellschafters Alleineigentum an dem Grundbesitz erworben hat.
Die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung vollzieht sich nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages (BGH, Beschluss vom 10.02.2022, V ZB 87/20, juris Rn. 11).
Dies schließt das Gesellschaftsvermögen ein, zu dem hier der im Grundbuchblatt 135 verzeichnete Grundbesitz gehörte.
Im Falle der Anwachsung wird der verbleibende Gesellschafter zum Rechtsnachfolger der erlöschenden Gesellschaft und damit auch Eigentümer eines der Gesellschaft gehörenden Grundstücks, wobei sich die Umschreibung als Grundbuchberichtigung darstellt (Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 47 Rz. 31.2).
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So liegen die Dinge hier: Der vorliegende Gesellschaftsvertrag sieht in § 11 Satz 1 – insoweit in Übereinstimmung mit § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB – vor, dass beim Tod eines Gesellschafters sein Anteil dem verbleibenden Gesellschafter anwächst.
Beim Tod des ersten Gesellschafters vollzieht sich der Übergang der Mitbeteiligung am Grundbesitz daher außerhalb des Erbrechts, weshalb es für die Umschreibung im Grundbuch nicht darauf ankommt, wer Erbe des zuerst verstorbenen Gesellschafters geworden ist.
Soweit § 11 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages eine Vererblichkeit vorsieht, gilt dies nur (“insoweit”) für den in Satz 2 geregelten Fall des Versterbens des letzten verblieben Gesellschafters.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2 GBO nicht vorliegen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 160.000,– €
(die angegriffene Umschreibung bezieht sich auf eine mit der Hälfte zu bewertende Beteiligung am gebuchten Grundbesitz; in der Veräußerungsanzeige des Urkundsnotars vom 01.09.2010 war der Einbringungswert des Grundbesitzes mit 320.000,– € angegeben, Bl. 70)
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