OLG München 31 Wx 267/12 Beschluss vom 13.06.2013 Ergänzende Auslegung eines Erbvertrages

Tenor

I.
Der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 4.6.2012 wird aufgehoben.
II.
Der Antrag der Beteiligten zu 1 vom 12.1.2012 auf Bewilligung eines Alleinerbscheins wird zurückgewiesen.
III.
Das Nachlassgericht wird angewiesen,
1. der Beteiligten zu 6 einen Erbschein entsprechend ihres Antrags vom 28.7.2011 in der Fassung vom 27.10.2011 sowie
2. den Beteiligten zu 2 und 3 einen gleichlautenden Erbschein zu erteilen.

Gründe OLG München 31 Wx 267/12

I.
Die Erblasserin war seit 1956 mit ihrem 1999 vorverstorbenen Ehemann verheiratet. In die Ehe hatte sie ihren 1945 geborenen Sohn mitgebracht, der ohne Hinterlassung von Abkömmlingen 2008 verstorben ist.
Die Beteiligte zu 1 war dessen Ehefrau. Die Eltern und die drei Geschwister der Erblasserin sind bereits vorverstorben. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind die Kinder der 2010 verstorbenen Zwillingsschwester der Erblasserin. Die Beteiligten zu 5 bis 6 und 8 sind die Kinder des 2006 verstorbenen Bruders der Erblasserin. Dieser Bruder hatte eine weitere Tochter, deren einziger Abkömmling die Beteiligte zu 7 ist. Ein weiterer Bruder der Erblasserin ist 1956/57 verstorben. Seine einzigen Abkömmlinge sind die Beteiligten zu 12 sowie der 2006 vorverstorbene Sohn,
dessen Kinder die Beteiligten zu 9 bis 11 sind.
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Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann schlossen am 8.4.1975 einen notariellen Erbvertrag. Dieser lautet u. a. wie folgt:
„II.
Im Wege des Erbvertrags, also in einseitig unwiderruflicher Weise, bestimmen wir für den Fall der Auflösung unserer Ehe durch den Tod eines Ehegatten folgendes:
(1) Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben ein.
(2) Beim Tode des Erstversterbenden von uns beiden eventuell vorhandene pflichtteilsberechtigte Personen verweisen wir hiermit unter Anrechnung aller anrechnungsfähigen Vorempfänge auf die Geltendmachung der gesetzlichen Pflichtteilsrechte.
(3) Für den zweiten Sterbefall setzen wir heute schon unseren einzigen Sohn J. – genannt H. – G, (…) zum alleinigen Erben ein.
Zu Ersatzerben bestimmen wir seine Abkömmlinge zu unter sich gleichen Teilen.
(4) Weiter bestimmen wir heute nichts.
III.
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Wir nehmen gegenseitig alle Rechte an, die sich für uns aus vorstehendem Erbvertrag ergeben.
Dieser Erbvertrag soll insbesondere auch dann gelten, wenn beim Ableben des Erstversterbenden von uns heute noch nicht bekannte Pflichtteilsberechtigte und Erbberechtigte vorhanden sind. …“
Außerdem liegt ein mit Bleistift geschriebenes, undatiertes und nicht unterschriebenes Schriftstück der Erblasserin vor, das wie folgt lautet:
„Mein Testament
Nach meinem Tot ist:
Meine Schwiegertochter (= Beteiligte zu 1) meine einzige Erbin von all meinen Besitz. Mein Wunsch ist das Sie unter Grab pflegt und hl. Messen lesen lässt.“
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Wegen eines Krankenhausaufenthaltes erteilte die Erblasserin ihrem Sohn und der Beteiligten zu 1 am 20.2.2005 schriftlich Vollmacht bezüglich der Konten bei der Stadtsparkasse. Am 26.11.2009 erteilte die Erblasserin der Beteiligten zu 1 für ein Sparkonto Vollmacht über den Tod hinaus.
Die Beteiligte zu 6 hat am 28.7.2011 zur Niederschrift beim Nachlassgericht einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt, der als Miterben den Beteiligten zu 12 zu 1/6, die Beteiligten zu 9 bis 11 zu je 1/8, die Beteiligten zu 2 bis 4 zu je 1/9 und die Beteiligten zu 5 bis 6 sowie 8 und die Chr. H. zu 1/12 ausweist. Letztere hat die Erbschaft am 2.9.2011 ausgeschlagen. Deren Tochter (= Beteiligte zu 7) nahm die Erbschaft an und schloss sich mit Schreiben vom 20.10.2011 dem Antrag der Beteiligten zu 6 an. Demgemäß änderte die Beteiligte zu 6 den Erbscheinsantrag vom 28.7.2011 dahingehend, dass die Beteiligte zu 7 Miterbin zu 1/12 ist.
Die Beteiligten zu 2 und 3 schlossen sich mit Schriftsatz vom 9.5.2012 unter Bezugnahme auf die Niederschrift vom 28.7.2011 dem Antrag der Beteiligten zu 6 an „bzw. stellten gleichfalls einen Antrag, dass die Erbfolge mit dem dort ausgewiesenen Erben durch Erbschein ausgewiesen werden soll“. Sie sind der Auffassung, dass die Erblasserin nach gesetzlicher Erbfolge beerbt wird.
Am 12.1.2012 hat die Beteiligte zu 1 einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin aufgrund des Erbvertrages vom 8.4.1975 ausweist. Mit Beschluss vom 4.6.2012 kündigte das Nachlassgericht an, den für den Beteiligten zu 1 beantragten Erbschein unter Zurückweisung der Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 6 bzw. 2 und 3 zu erteilen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3.
II.
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Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache Erfolg.
Das Nachlassgericht ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beteiligte zu 1 Alleinerbin der Erblasserin ist. Eine solche Erbfolge ergibt sich weder aus dem undatierten Testament der Erblasserin – dieses ist mangels Unterschrift gemäß § 2247 Abs. 1 i. V. m. § 125 Satz 1 BGB unwirksam -, noch im Wege der – ergänzenden – Auslegung des notariellen Erbvertrags vom 8.4.1975. Entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts ist die Beteiligte zu 1 nicht Ersatzerbin ihres darin als Schlusserbe eingesetzten Ehemanns.
1. Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass das Testament eine planwidrige Regelungslücke aufweist, die durch den festzustellenden Willen des Erblassers zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf kein Wille in das Testament hingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (vgl. Palandt/Weidlich BGB 72. Auflage <2013> § 2084 Rn. 9 m. w. N.).
Durch ergänzende Testamentsauslegung kann also die durch den Wegfall des Bedachten entstandene Lücke nur dann geschlossen werden, wenn die für die Zeit der Testamentserrichtung anhand des Testaments oder unter Zuhilfenahme von Umständen außerhalb des Testaments oder der allgemeinen Lebenserfahrung festzustellende Willensrichtung des Erblassers dafür eine genügende Grundlage bietet (BGHZ 22, 357 <360>; LM § 2078 Nr. 3; FamRZ 1983, 380<382>; MüKoBGB/Leipold 5. Auflage <2010> § 2084 Rn. 88 m. w. N.). Nach der Willensrichtung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung muss anzunehmen sein, dass er die Ersatzerbeneinsetzung gewollt hätte, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte (BayObLGZ 1988, 165 <167>).
Da es auf den hypothetischen Erblasserwillen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ankommt, können spätere Handlungen oder Äußerungen des Erblassers nur zusätzliche Indizien dafür sein, wie er im damaligen Zeitpunkt verfügt hätte (BayObLG NJW-RR 1993, 459). Steht eine ergänzende Auslegung von vertragsmäßigen Verfügungen im Rahmen eines Erbvertrages inmitten, ist nicht nur nach dem hypothetischen Willen des überlebenden Ehegatten zu fragen, sondern von der gemeinsamen bei der Testamentserrichtung bestehenden Willensrichtung der Ehegatten auszugehen (MüKoBGB/Leipold a. a. O. Rn. 98).
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2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze teilt der Senat die Auffassung des Nachlassgerichts nicht, dass sich die Ersatzerbenstellung der Beteiligten zu 1 im Wege der ergänzenden Auslegung der von den Ehegatten in ihren in dem Erbvertrag vom 8.4.1997 getroffenen letztwilligen Verfügungen ergibt.
a) Der Senat ist im Hinblick auf die Lebenssituation der Ehegatten und der von ihnen getroffenen Verfügungen schon nicht davon überzeugt, dass eine unbewusste Regelungslücke vorliegt.
Zu Recht hat das Nachlassgericht den Inhalt der Ziffer 4 („Weiter bestimmen wir heute nichts“) als auslegungsbedürftig angesehen. Eine solche Formulierung kann bedeuten, dass die Ehegatten bei Abschluss des Erbvertrages über die in Ziffer II 1. – 3. getroffenen Verfügungen hinaus bewusst von weiteren Verfügungen, insbesondere weiterer Ersatzerbeneinsetzungen, abgesehen haben. Das kann aber auch heißen, dass sie es nicht für notwendig gehalten haben, eine weitere Ersatzerbenregelung zu treffen, weil sie ein Versterben des Bedachten ohne Abkömmlinge für unwahrscheinlich gehalten haben. Denkbar ist schließlich, dass es sich bei dieser Formulierung lediglich um eine Standardformulierung handelt, der ein eher floskelhafter Charakter zu kommt (vgl. OLG Düsseldorf ZEV 2012, 662 <663>).
Entgegen der Meinung des Nachlassgerichts deutet die Lebenserfahrung nicht darauf hin, dass die Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Hinblick auf das Alter des Bedachten (30 Jahre) und dessen erst 2 1/2 Jahre zurückliegende Heirat es für nicht wahrscheinlich hielten, dass ihr Sohn ohne Abkömmlinge vorversterben würde. Ein Vorversterben ihres Sohnes haben die Ehegatten ausdrücklich im Wege der Ersatzerbenbestimmung zugunsten dessen Abkömmlingen in Ziffer 3 geregelt. Das zeigt, dass die Ehegatten ein Vorversterben ihres Sohnes in Erwägung gezogen haben und sich dabei mit der Frage auseinandergesetzt haben, wer dann den gemeinsamen Nachlass nach ihrem beidseitigen Ableben erhält.
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Angesichts der eigenen Lebenssituation der Ehegatten, nämlich dass aus ihrer Ehe keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, ist es nach Auffassung des Senats jedenfalls mit gleicher Wahrscheinlichkeit denkbar, dass sich für die Ehegatten neben der Frage der Erbfolge bei Vorversterben ihres Sohnes auch die gestellt hat, wer ihr Vermögen erhält, falls auch die Ehe ihres Sohnes kinderlos bleiben sollte.
Insofern kann die Formulierung in Ziffer II.4 auch darauf hindeuten, dass sich die Ehegatten zunächst bewusst auf die getroffene Erbfolge beschränken wollten und insofern von einer weiteren Ersatzerbenregelung abgesehen haben. Für eine solche umfassende Regelung mittels vertragsmäßigen Verfügungen bestand angesichts des Lebensalters der Ehegatten (54 bzw. 49 Jahre) auch keine Veranlassung.
Denn sowohl die Ehegatten als auch der überlebende Ehegatte behielten bei einem kinderlosen Vorversterben des Bedachten die Möglichkeit, die Erbfolge nach ihrer Vorstellung zu gestalten und Entwicklungen in ihrem persönlichen Umfeld durch eine weitere Testierung Rechnung tragen zu können.
Auf eine solche Vorstellung der Ehegatten im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages deutet auch hin, dass die Erblasserin später neu testiert hat. Auch wenn das Testament formunwirksam ist, ist es dennoch im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen (Palandt/Weidlich a. a. O. § 2084 Rn. 2).
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b) Im Übrigen kann selbst bei Annahme einer Regelungslücke kein gemeinsamer Wille der Ehegatten im Zeitpunkt des Abschluss des Erbvertrags festgestellt werden, wer im Falle eines kinderlosen Vorversterbens des Sohnes Ersatzerbe sein soll.
aa) Rechtlich zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass die Auslegungsregel des § 2069 BGB im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden kann. Die von der Beteiligten zu 1 erstrebte Ersatzerbfolge, bei der sie als Ehefrau an Stelle ihres vorverstorbenen Ehemannes tritt, liegt außerhalb des Anwendungsbereichs der Vorschrift, die über ihren Wortlaut hinaus auch nicht analog angewendet werden kann (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1991, 1349 <1350>; BGH NJW 1973, 240 <242>).
bb) Eine Ersatzerbeneinsetzung kann auch nicht unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 2084 BGB) festgestellt werden.
(1) Entgegen der Meinung des Nachlassgerichts ergibt sich eine Ersatzerbeneinsetzung der Beteiligten zu 1 nicht im Wege der ergänzenden Auslegung des notariellen Erbvertrags.
Es liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme eines gemeinsamen hypothetischen Willens der Ehegatten im Zeitpunkt des Abschluss des Erbvertrages vor, dass bei einem Wegfall des bedachten Sohnes ohne Hinterlassung von Abkömmlingen die Beteiligte zu 1 deren Ersatzerbin sein sollte.
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Der Senat teilt die Auffassung des Nachlassgerichts nicht, dass die Lebenserfahrung eine solche Annahme nahe lege. Soweit das Nachlassgericht darauf abstellt, dass die Beteiligte zu 1 mit der Heirat zur Familie der Ehegatten gehört habe und in den Kreis der gesetzlichen Erben ihres Sohnes falle, hat es nicht berücksichtigt, dass die Ehegatten bei Wegfall ihres Sohnes ausdrücklich dessen Abkömmlinge als Ersatzerben eingesetzt haben.
Dadurch kommt der gemeinsame Wille der Ehegatten zum Ausdruck, dass die Beteiligte zu 1 bei einem Vorversterben des Sohnes gerade keine Teilhabe an ihrem ehelichen Vermögen haben sollte, dies obwohl die Beteiligte zu 1 nach ihrer Heirat (1972) ihren Beruf aufgegeben und in dem Geschäft ihres Schwiegervaters mitgearbeitet hatte.
Dies deutet darauf hin, dass der gemeinsame Wille der Ehegatten eher darauf gerichtet war, dass das eheliche Vermögen in die Blutsverwandtschaft der Erblasserin übergehen bzw. verbleiben sollte. Demgemäß waren für die Zuwendung der Ehegatten ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Bedachten ausschlaggebend, was gegen eine Ersatzberufung der Beteiligten zu 1 spricht (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 1991, 1349 <1351>).
Maßgebende Anhaltspunkte für die Feststellung des hypothetischen Willen der Ehegatten sind weder die Übertragung erheblichen ehelichen Vermögens zu Lebzeiten des Ehemanns der Erblasserin, noch das Verhältnis der Beteiligten zu 1 zur Erblasserin, insbesondere nach dem Ableben des Schwiegervaters.
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Die Vermögensübertragung, die entstandenen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zu 1 zu der Erblasserin und insbesondere der von der Erblasserin geäußerte Wille, dass die Beteiligte zu 1 ihren Nachlass erhalten solle, stellen sich nicht als bruchlose Weiterführung der – erörterten – ursprünglichen Motivation der Ehegatten dar. Vielmehr haben die Ehegatten nach Abschluss des Erbvertrages neue Willensentschlüsse in Bezug auf die Person der Beteiligten zu 1 gefasst, denen sie nur durch eine neue, formgerechte Verfügung zum Erfolg verhelfen konnten (MüKoBGB/Leipold a. a. O. § 2084 Rn. 94 und 95). Eine solche haben die Ehegatten aber nicht errichtet.
(2) Im Gegensatz zu dem der Entscheidung des BayObLG (BayObLGZ 1988, 165 <170>) zugrunde liegenden Sachverhalt waren im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages der Ehegatten im Fall des Vorversterben ihres Sohnes ohne Abkömmlinge als mögliche Ersatzerben Verwandte der Erblasserin vorhanden, die auch Taufpatin des Beteiligten zu 3 war. Zu der Verwandtschaft seiner Ehefrau unterhielt auch der Ehemann der Erblasserin Kontakte, worin sich der Sachverhalt auch von demjenigen unterscheidet, der der Entscheidung des OLG Hamm (OLG Hamm NJW-RR 1991, 1349 <1541>) zugrunde lag.
Es erscheint daher auch möglich, dass die Ehegatten im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages bei Kenntnis eines Wegfalls ihres Sohnes ohne Abkömmlinge die Verwandtschaft der Erblasserin als Ersatzerben eingesetzt hätten. Anhaltspunkte dafür, dass die Ehegatten in diesem Fall generell die Verwandtschaft der Erblasserin oder lediglich den Stamm ihrer Zwillingsschwester bzw. einzelne Abkömmlinge davon bedacht hätten, liegen nicht vor.
(3) Lässt sich kein eine ergänzende Auslegung rechtfertigender hypothetischer Erblasserwillen feststellen, so hat es bei einer Auslegung entsprechend dem Wortlaut der Verfügung sein Bewenden (MüKoBGB/Leipold a. a. O. § 2084 Rn. 86.). Denn durch die ergänzende Testamentsauslegung darf kein Wille in das Testament hingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (s.o.).
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2. Mit dem Tod der Erblasserin ist daher gesetzliche Erbfolge eingetreten. Demgemäß ist der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Alleinerbscheins zurückzuweisen.
Die formellen Voraussetzungen für die Erteilung des von der Beteiligten zu 6 beantragten Erbscheins, dem sich die Beteiligten zu 2 und 3 angeschlossen haben, liegen entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts vor.
Die Beteiligte zu 6 hat den Wegfall von „Christine H.“ Rechnung getragen, indem sie ihren ursprünglichen Antrag mit Schreiben vom 27.10.2011 dahingehend abgeändert hat, dass anstelle „Christine H.“ die Beteiligte zu 7 Miterbin zu 1/12 ist. Im Übrigen entsprechen die in ihrem Erbscheinsantrag bezeichneten Erbquoten der gesetzlichen Erbfolge.
Die Beteiligten zu 2 und 3 haben bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens einen inhaltsgleichen Erschein wie die Beteiligte zu 6 beantragt. Demgemäß hat das Nachlassgericht auch den Beteiligten zu 2 und 3 einen solchen zu erteilen.
3. Eine Kostentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten für die erfolgreiche Beschwerde fallen nicht an (§ 131 Abs. 3 KostO). Die außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst; zu einer abweichenden Kostenauferlegung (§ 81 FamFG) sieht der Senat keinen Anlass. Eine Geschäftswertfestsetzung für gerichtliche Zwecke bedarf es nicht.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
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