Testamentsauslegung Stillschweigende Befreiung des Vorerben – OLG Naumburg – 1 U 69/13

Juni 2, 2020

Testamentsauslegung Stillschweigende Befreiung des Vorerben – OLG Naumburg – 1 U 69/13

RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt (1 U 69/13) befasst sich mit der Auslegung eines Testaments und der Frage, ob der Vorerbe (Herr T.) von den Beschränkungen eines nicht befreiten Vorerben befreit war.

Im zugrundeliegenden Fall wurde die Beklagte vom Kläger, dem Nacherben, auf Schadensersatz verklagt, da Herr T. den Nachlass seiner vorverstorbenen Ehefrau (Frau T.) angeblich nicht ordnungsgemäß verwaltet habe, sodass kein Vermögen mehr vorhanden sei.

Das Landgericht Magdeburg hatte zunächst der Klage teilweise stattgegeben.

Auf Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht das Urteil teilweise und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 12.000 EUR nebst Zinsen, wies aber die weitergehende Klage ab.

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass Herr T. als Vorerbe von den Beschränkungen gemäß § 2136 BGB befreit war.

Testamentsauslegung Stillschweigende Befreiung des Vorerben – OLG Naumburg – 1 U 69/13

Es führte aus, dass der Wille der Erblasserin, den Vorerben von Beschränkungen zu befreien, aus dem Testament und den Lebensumständen abzuleiten sei.

Diese Befreiung diente dazu, den Zugriff des Sohnes von Herrn T. aus erster Ehe auf das Vermögen der Erblasserin zu verhindern.

Die Beklagte musste daher lediglich den Erlös aus dem Verkauf eines Audi A3 (12.000 EUR) herausgeben, den sie unentgeltlich vom Vorerben erhalten hatte.

Die weitergehenden Ansprüche des Klägers wurden abgewiesen, da keine weiteren unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben festgestellt wurden.

Die Kosten des Rechtsstreits wurden größtenteils dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da keine grundsätzlichen Rechtsfragen von Bedeutung vorlagen.

Anmerkung RA und Notar Krau – Grundsätze der Testamentsauslegung

Die Auslegung eines Testaments richtet sich nach dem Willen des Erblassers, wie er im Testament zum Ausdruck kommt.

Zentral ist der sogenannte “wahre Wille” des Erblassers, der über den Wortlaut hinausgeht.

Testamentsauslegung Stillschweigende Befreiung des Vorerben – OLG Naumburg – 1 U 69/13

Die Grundsätze der Testamentsauslegung sind:

  1. Ermittlung des Erblasserwillens: Der tatsächliche Wille des Erblassers hat Vorrang vor dem buchstäblichen Wortlaut des Testaments.
  2. Alle Umstände, die den Willen beeinflusst haben könnten, sind zu berücksichtigen.
  3. Eindeutigkeit des Wortlauts: Ist der Wortlaut klar und eindeutig, ist zunächst davon auszugehen, dass er den Erblasserwillen korrekt wiedergibt.
  4. Berücksichtigung der Umstände: Neben dem Wortlaut sind auch äußere Umstände, etwa frühere Äußerungen oder die Beziehung des Erblassers zu den Erben, in die Auslegung einzubeziehen.
  5. Keine Änderung des Inhalts: Die Auslegung darf nicht den Inhalt des Testaments verändern, sondern lediglich den Willen des Erblassers klären.
  6. Favor Testamenti: Bei Zweifeln ist im Sinne des Fortbestands des Testaments auszulegen, um dessen Wirkung zu erhalten.

Diese Grundsätze sollen sicherstellen, dass der letzte Wille des Erblassers respektiert und korrekt umgesetzt wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

control, tax office, text

BFH II R 22/21 – Werterhöhung Anteile Kapitalgesellschaft als Schenkung

September 13, 2024
BFH II R 22/21 – Werterhöhung Anteile Kapitalgesellschaft als SchenkungRA und Notar KrauDas Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. April 2024…
Top view of white vintage light box with TAXES inscription placed on stack of USA dollar bills on white surface

BFH 15. Mai 2024 – II R 12/21 – Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer

September 7, 2024
BFH 15. Mai 2024 – II R 12/21 – Begünstigungstransfer bei der ErbschaftsteuerRA und Notar KrauDas Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15…
green female angel statue

Aufgaben des Nachlasspflegers – OLG München Beschluss 7. 1. 2010 – 31 Wx 154/09

August 25, 2024
Aufgaben des Nachlasspflegers – OLG München Beschluss 7. 1. 2010 – 31 Wx 154/09RA und Notar KrauDer Nachlasspfleger ha…