OLG Köln, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 2 Wx 3/19 Erbscheinsverfahren: Beschwerdeberechtigung bei unrichtiger Ausweisung eines Erbrechts im Erbschein

Juni 17, 2019

OLG Köln, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 2 Wx 3/19
Erbscheinsverfahren: Beschwerdeberechtigung bei unrichtiger Ausweisung eines Erbrechts im Erbschein
1. Eine materielle Beschwerde liegt vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt, also negative Auswirkungen auf seine materielle Rechtsstellung hat. Erforderlich ist daher ein unmittelbarer nachteiliger Eingriff
2. Auch die unrichtige Ausweisung eines Erbrechts im Erbschein kann ein Beschwerderecht begründen, selbst wenn der Beschwerdeführer kein Erbrecht in Anspruch nimmt und bei einem Erfolg seiner Beschwerde eine ungünstigere Rechtsstellung erlangt (BayObLG, 8. Juni 2005, 1Z BR 110/04
3. Würde der Umstand, dass der Erbschein des Vorerben gegebenenfalls die Nacherben falsch ausweist, nur dazu führen, dass der Erbschein eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben gegenüber dem Beschwerdeführer ausweist, die – nach dem Vortrag des Beschwerdeführers – gar nicht besteht, so wird dadurch der Beschwerdeführer nicht unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Dass er infolge seiner Benennung als Nacherbe unter Umständen mit Angelegenheiten behelligt wird, die ihn gar nicht betreffen, hat eine unmittelbare Verletzung eines subjektiven Rechts nicht zur Folge

Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2), 3) und 4) vom 14.09.2018 gegen den am 14.08.2018 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Siegburg, 51 VI 210/16, werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 3/19 hat die Beteiligte zu 2), die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 6/19 hat der Beteiligte zu 3) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 7/19 hat der Beteiligte zu 4) zu tragen.
Gründe
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4) sind unzulässig.
Die Beschwerden sind zwar nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt worden. Die Beteiligten zu 2) bis 4) sind indes nicht beschwerdeberechtigt im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten verletzt ist. Eine materielle Beschwerde in diesem Sinne liegt vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt, also negative Auswirkungen auf seine materielle Rechtsstellung hat. Erforderlich ist daher eine unmittelbarer nachteiliger Eingriff (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 59 Rn. 9). An einem unmittelbaren nachteiligen Eingriff in ein Recht der Beschwerdeführer fehlt es hier. Die Beschwerdeführer machen kein Erbrecht geltend. Sie tragen ausdrücklich vor, weder Erben noch Nacherben des Erblassers zu sein. Ein Eingriff in ein vermeintliches Erbrecht der Beschwerdeführer scheidet daher von vorneherein aus.
Ein nachteiliger Eingriff in ein Recht der Beschwerdeführer ist auch nicht darin zu sehen, dass sie in dem beantragten Erbschein der Beteiligten zu 1) als Nacherben aufgeführt werden sollen. Denn dies hat keine negativen Auswirkungen auf ihre materielle Rechtsstellung. Daher hat ein Nacherbe grundsätzlich auch kein Antragsrecht in Bezug auf den Erbschein des Vorerben. Dem Nacherben ist aber gestattet, gegen einen unrichtigen Erbschein des Vorerben mit Einziehungsantrag und Beschwerde vorzugehen, da jeder unrichtige Erbschein für den Vorerben seine Anwartschaft als Nacherbe beeinträchtigen kann (MüKo-BGB/Grziwotz, 7. Aufl. 2017, § 2353 Rn. 83). Dementsprechend soll ein Nacherbe auch schon vor Eintritt des Nacherbfalls Beschwerde einlegen können, wenn er im Erbschein aufgenommen werden will, dort aber nicht genannt ist (vgl. BayObLG NJW-RR 1997, 389; Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl. 2019, § 2353 Rn. 55). In diesem vom BayObLG entschiedenen Fall hatte der dortige Beschwerdeführer indes behauptet, Nacherbe zu sein. Würde er im Erbschein des Vorerben – zu Unrecht – nicht aufgeführt, könnte dies zur Folge haben, dass der Vorerbe ohne seine Einwilligung wirksam verfügen könnte, auch wenn eine Verfügungsbeschränkung gem. §§ 2113 ff. BGB vorläge. Dieser Fall ist indes mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die Beschwerdeführer hier gerade nicht behaupten, Nacherben der Beteiligten zu 1) zu sein. Daher kann – ausgehend von ihrem Vortrag – eine etwaige Verfügungsbeschränkung jedenfalls nicht ihnen gegenüber bestehen.
Zwar kann auch die unrichtige Ausweisung eines Erbrechts im Erbschein ein Beschwerderecht begründen, selbst wenn der Beschwerdeführer gar kein Erbrecht in Anspruch nimmt und bei einem Erfolg seiner Beschwerde eine ungünstigere Rechtsstellung erlangt (BayObLG FGPrax 2005, 217-219). Im vorliegenden Fall geht es aber nur um einen Erbschein nach Eintritt des Vorerbfalls. Der Umstand, dass der Erbschein der Vorerbin gegebenenfalls die Nacherben falsch ausweist, würde im vorliegenden Fall nur dazu führen, dass der Erbschein eine Verfügungsbeschränkung der Vorerbin gegenüber den Beschwerdeführern ausweist, die – nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – gar nicht besteht. Hierdurch werden aber – nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – allenfalls die Beteiligte zu 1) und die Enkel des Erblassers unmittelbar in ihren Rechten betroffen, nicht aber die Beschwerdeführer. Dass die Beschwerdeführer infolge ihrer Benennung im Erbschein als Nacherben unter Umständen mit Angelegenheiten behelligt werden, die sie gar nicht betreffen, hat eine unmittelbare Verletzung eines subjektiven Rechts nicht zur Folge.
Der Senat weist darauf hin, dass er nicht abschließend geprüft hat, ob der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts materiell-rechtlich zutreffend ist und ob die Enkel des Erblassers vom Verfahren nicht hätten in Kenntnis gesetzt werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.
Geschäftswert der Beschwerdeverfahren: insgesamt 1.100.000,00 EUR

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Warum ein notarielles Testament?

März 23, 2024
Warum ein notarielles Testament?Von RA und Notar KrauDer Notar prüft Ihre Testierfähigkeit und beurkundet nur, wenn er davon überzeugt ist…
low angle view of balcony against sky

Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23

März 20, 2024
Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23Zus…
an abstract blue and white background with cubes

Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23

März 19, 2024
Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23Zus…