Grundbuchberichtigung: Anforderungen an die Löschung eines ausgeschiedenen GbR-Gesellschafters

August 17, 2020

KG Berlin, Beschluss vom 19. Juli 2011 – 1 W 491/11
Grundbuchberichtigung: Anforderungen an die Löschung eines ausgeschiedenen GbR-Gesellschafters
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die angefochtene Zwischenverfügung ist nicht gemäß § 18 Abs.1 S.1 Alt.2 GBO gerechtfertigt. Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.
Für die Löschung des Beteiligten als Gesellschafter der eingetragenen Eigentümerin bedarf es keiner Berichtigungsbewilligung der weiteren im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter. Der Beteiligte hat seine Löschung im Grundbuch beantragt und bewilligt, da er (durch Kündigung) aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden und sein Anteil den übrigen Gesellschaftern angewachsen sei (UR-Nr. 5… /2… des Notars Dr. S… S… ). Dabei handelt es sich um einen Antrag auf Grundbuchberichtigung i.S.v. § 22 GBO. Änderungen im Gesellschafterbestand sind wegen der Anordnungen in § 899a BGB und § 47 Abs.2 GBO als Änderung der rechtlichen Verhältnisse am Grundstück zu behandeln (BGH, NJW 2011, 615, 617; Senat, Beschluss vom 28. Dez. 2010 – 1 W 395/10; vgl. auch BT-Drucks. 16/13437 S. 24).
Von der Grundbuchberichtigung werden die Rechte der übrigen Gesellschafter nicht i.S.v. § 19 GBO betroffen. Ein Recht wird von einer Eintragung betroffen, wenn es durch sie im Rechtssinn, nicht nur wirtschaftlich, beeinträchtigt wird oder zumindest nachteilig berührt werden kann (BGH, NJW 1984, 2409, 2410; 2000, 3643, 3644; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 19 Rn. 49 m.w.N.). Durch die Löschung des Beteiligten kann das grundbuchmäßige Recht der weiteren nach § 47 Abs.2 GBO Gebuchten – ihre Stellung als Gesellschafter der Eigentümerin – aber keine ungünstigere Gestaltung erfahren; die verbleibenden Gesellschafter sind durch die Eintragung rechtlich nur begünstigt (Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl. § 22 Rn. 104; Böttcher, AnwBl. 2011, 1, 7; Kremer, RNotZ 2004, 239, 248; vgl. auch OLG Thüringen, Beschluss vom 23. Juni 2011 – 9 W 181/11 – juris Rn. 13). Weder wird ihnen ein neuer Gesellschafter aufgedrängt noch werden sie in ihren gesellschaftsrechtlichen Befugnissen im Hinblick auf das Eigentum am Grundstück eingeschränkt. Sie können nach dem Ausscheiden des Beteiligten ohne diesen handeln.
Eine Berichtigungsbewilligung der verbleibenden Gesellschafter ist auch nicht deshalb gemäß § 19 GBO erforderlich, weil das Ausscheiden des Beteiligten materiell-rechtlich der Mitwirkung aller Gesellschafter (hier gemäß § 736 Abs.1 BGB) bedarf (so aber OLG Zweibrücken, NJW 2010, 384, 385; OLG München, NZG 2011, 548, 549 jeweils zur Anteilsübertragung). Auf materiell-rechtliche Zustimmungserfordernisse – z.B. nach §§ 876, 877 BGB – kommt es im Rahmen des § 19 GBO nur an, wenn das Recht der von der Eintragung mittelbar Betroffenen nachteilig verändert werden könnte (vgl. dazu Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 53). Nach dem formellen Konsensprinzip bedarf es gerade keiner Eintragungsbewilligung des gewinnenden Teils, auch wenn seine Mitwirkung für den Eintritt der Rechtsänderung – z.B. gemäß § 873 Abs.1 BGB – erforderlich ist. Andernfalls wäre auch das gesondert geregelte Zustimmungserfordernis nach § 22 Abs.2 GBO überflüssig.
Schließlich müssen die übrigen Gesellschafter der Löschung des Beteiligten auch nicht gemäß § 22 Abs.2 GBO zustimmen (vgl. Bauer/Kohler, GBO, 2. Aufl., § 22 Rn. 240; Böttcher, a.a.O. S. 8; a.A. Eickmann, Rpfleger 1985, 85, 90). Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn ein bereits Eingetragener den Gesamthandsanteil eines Ausscheidenden zu seinem bisherigen hinzuerwirbt (Senat, JRdsch. 1926 Nr. 60; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 55). Es entsteht in seiner Person kein neues Eigentum; die Höhe der Anteile wird im Grundbuch nicht verlautbart. Beeinträchtigungen der Belange eines nur formell Berechtigten, die § 22 Abs.2 GBO verhindern soll, kommen nicht in Betracht, weil der Erwerbende bereits eingetragen ist und (als Gesellschafter) Eigentümerpflichten unterliegt.

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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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