KG Berlin, Beschluss vom 14. Juli 2015 – 1 W 688 – 689/15 Grundbuchsache: Erteilung einer Eintragungsbewilligung durch Unterbevollmächtigten; Nachweis des Fortbestands der Untervollmacht und Hauptvollmacht

April 6, 2019

KG Berlin, Beschluss vom 14. Juli 2015 – 1 W 688 – 689/15
Grundbuchsache: Erteilung einer Eintragungsbewilligung durch Unterbevollmächtigten; Nachweis des Fortbestands der Untervollmacht und Hauptvollmacht
1. Erteilt ein Unterbevollmächtigter unmittelbar im Namen des Geschäftsherrn eine Eintragungsbewilligung, ist gegenüber dem Grundbuchamt der Fortbestand von Untervollmacht und Hauptvollmacht nachzuweisen. Dabei kommt es bei der Untervollmacht auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Bewilligung und bei der Hauptvollmacht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Untervollmacht an.
2. Der Fortbestand der Untervollmacht ist durch Vorlage der Urschrift, einer Ausfertigung oder der notariellen Bescheinigung, dass Urschrift oder Ausfertigung bei Abgabe der Bewilligung vorlagen, nachzuweisen. Hinsichtlich der Hauptvollmacht genügt eine beglaubigte Abschrift, wenn die Untervollmacht nicht vom Bestand der Hauptvollmacht abhängt und der die Untervollmacht beurkundende Notar bescheinigt, dass die Urschrift oder eine Ausfertigung der Hauptvollmacht vorlag.

Tenor
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Zwischenverfügung ist nicht veranlasst. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht, § 18 Abs. 1 S. 1 GBO.
1. Die Erklärungen von Frau G… und Frau K… vom 29. August 2013 zur UR-Nr. 2… /2… des Notars Dr. M… L… in D… wirken gemäß §§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1 BGB unmittelbar für und gegen die Gläubigerin der zur Löschung beantragten Gesamtgrundschuld. Das folgt aus der ihnen am 28. November 2012 zur UR-Nr. 6… /2… H des Notars Dr. H… H… in D… von der C… AG erteilten Untervollmacht. Danach war u.a. Frau G… und Frau K… (im Folgenden: Unterbevollmächtigte) Untervollmacht erteilt worden, die Gläubigerin “im Umfang der Hauptvollmacht umfassend zu vertreten”. Die Hauptvollmacht wiederum war der C… AG (im Folgenden: Hauptbevollmächtigte) am 31. Januar 2007 zur UR-Nr. 7… /2… des Notars M… P… in F… /M… u.a. zur Abgabe von Löschungsbewilligungen und mit dem Zusatz “Unterbevollmächtigung ist zulässig” erteilt worden.
2. Einer Vorlage der UR-Nr. 7… /2… in Ausfertigung bedarf es nicht.
a) Die Untervollmacht kann auf zwei Arten erteilt werden. Zum einen kann der (Haupt-)Bevollmächtigte dem Unterbevollmächtigten Vollmacht erteilen, den Geschäftsherrn unmittelbar zu vertreten. Andererseits ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Bevollmächtigte den Unterbevollmächtigten zu seiner eigenen Vertretung bei den auf Grund der (Haupt-)Vollmacht vorzunehmenden Handlungen bevollmächtigten kann (BGHZ 32, 250, 253; RGZ 108, 405, 407; Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1908 – 1 X 412/08 – KGJ 37, A 239, 241).
aa) Vorliegend sind die Unterbevollmächtigten von der Hauptbevollmächtigten zur unmittelbaren Vertretung der Gläubigerin bevollmächtigt worden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt der Bestand der Untervollmacht im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vertretererklärung in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachzuweisen. Dieser Zeitpunkt liegt vor der Einreichung der Löschungsbewilligung bei dem Grundbuchamt, weil sie den Beteiligten zur dortigen Vorlage ausgehändigt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 1 W 46-67/12, FGPrax 2013, 56). Den erforderlichen Nachweis haben die Beteiligten durch Beifügung einer Ausfertigung der UR-Nr. 6… /2… zur Löschungsbewilligung vom 29. August 2013 – UR-Nr. 2… /2… – geführt, vgl. § 172 BGB (Demharter, GBO, 29. Aufl., § 19, Rdn. 80; Böttcher, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 29, Rdn. 580ff).
bb) Allerdings ist dem Grundbuchamt bei Handlungen eines Unterbevollmächtigten die gesamte Vertretungskette in öffentlicher Form nachzuweisen (Bous, RNotZ 2004, 483, 494). Es ist also nicht allein die Untervollmacht, sondern auch nachzuweisen, dass der Hauptbevollmächtigte zu ihrer Erteilung seinerseits berechtigt war. Dieser Nachweis ist vorliegend erbracht worden.
Nach den Erklärungen der Gläubigerin vom 31. Januar – UR-Nr. 7… /2… – durfte die Hauptbevollmächtigte Untervollmachten erteilen. Einschränkungen, die die Wirksamkeit der Untervollmachten vom Fortbestand der Hauptvollmacht abhängig machten, enthält die UR-Nr. 7… /2… nicht. Dann aber kam es auf den Fortbestand der Hauptvollmacht im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Löschungsbewilligung nicht an. Die Unterbevollmächtigten waren nicht in Ausübung der Vertretungsmacht der Hauptbevollmächtigten ermächtigt, sondern kraft eigenen Rechts zur Vertretung der Gläubigerin befugt (Senat, a.a.O., 242). Deshalb war allein der Bestand der Hauptvollmacht im Zeitpunkt der Erteilung der Untervollmacht durch die Hauptbevollmächtigte nachzuweisen (Böttcher, a.a.O., Einl E, Rdn. 34; Schaub, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., AT VII, Rdn. 40; Reetz, in: Hügel, GBO, 2. Aufl., Stichwort “Vertretungsmacht”, Rdn. 40; ders. in: Notarhandbuch, 6. Aufl., Rdn. F 61; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 3565; Bous, a.a.O., 495, a.A. Wolf, MittBayNot 1996, 266, 270).
Dem genügt die der Untervollmacht in beglaubigter Abschrift beigefügte Hauptvollmacht mit der Bescheinigung des die Untervollmacht beurkundenden Notars, die Hauptvollmacht habe in Ausfertigung vorgelegen (Bous, a.a.O.; Schilken, in: Staudinger, BGB, 2014, § 172, Rdn. 4; a.A. OLG München, DNotZ 2008, 844; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. August 1991 – 11 W 32/91 -, juris; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 19, Rdn. 80; Wolf, a.a.O.). Die beglaubigte Abschrift der Hauptvollmacht entspricht der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 BGB. Durch die Bescheinigung des Notars, die Hauptvollmacht habe in Ausfertigung bei Beurkundung der Untervollmacht vorgelegen, wird ihr Fortbestand zu diesem Zeitpunkt nachgewiesen, § 172 BGB (Demharter, a.a.O., Böttcher, a.a.O., § 29, Rdn. 580ff). Damit wird das Grundbuchamt in ausreichender Weise in die Lage versetzt festzustellen, ob die Untervollmacht wirksam bestellt worden war (vgl. OLG München, a.a.O.).
b) Die Hauptvollmacht musste hier auch nicht deshalb in Ausfertigung vorgelegt werden, weil die Unterbevollmächtigten die Bewilligung im Namen der Hauptbevollmächtigten und nicht der Gläubigerin abgegeben hätten. Das ist nicht der Fall.
Der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten, erfordert klare und eindeutige Eintragungen. Dementsprechend haben die Beteiligten im Eintragungsverfahren auf klare und eindeutige Erklärungen zu achten (Senat, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 1 W 130/13 – FGPrax 2014, 147; Beschluss vom 22. Juni 2010 – 1 W 277/10 -, FGPrax 2010, 172; Demharter, a.a.O., Anhang zu § 13, Rdn. 5). Das schließt die Auslegung von Grundbucherklärungen nicht aus. Im Grundbuchverfahren kann im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsgrundlagen eine Auslegung aber nur erfolgen, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Dabei ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, NJW-RR 2015, 645, 646; NJW 1995, 1081,1082, Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 172; Demharter, a.a.O., § 19, Rdn. 28).
Gemessen hieran sind die Beanstandungen des Grundbuchamts an den Erklärungen der Unterbevollmächtigten nicht gerechtfertigt. Allerdings kann der die Löschungsbewilligung abschließende Hinweis “C… Aktiengesellschaft i.A. der H… F… AG” darauf hindeuten, die Erklärung sei nicht unmittelbar für die Gläubigerin, sondern im Namen der Hauptbevollmächtigten abgegeben worden. Sie schließt einen anderen Willen aber auch nicht aus.
Dafür, dass die Unterbevollmächtigten im Rahmen der Untervollmacht handeln wollten, spricht die ausdrückliche Bezugnahme auf die Untervollmacht vom 28. November 2012 und deren Beifügung zur Löschungsbewilligung. Hätten die Unterbevollmächtigten nicht unmittelbar im Namen der Gläubigerin, sondern als “Vertreter der Vertreterin” handeln wollen, wäre diese Untervollmacht nicht ausreichend gewesen. Die Untervollmacht war erteilt worden, die Gläubigerin “im Umfang der Hauptvollmacht umfassend zu vertreten”. Als “Vertreter der Vertreterin” konnten die Unterbevollmächtigten danach gerade nicht auftreten (vgl. OLG München, NJOZ 2013, 485, 486; Gehrlein/Weinland, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 2014, § 167 BGB, Rdn. 9). Hierzu hätte es einer weiteren (Mitarbeiter-)Vollmacht bedurft, deren Bestehen zwar möglich, jedenfalls aber nicht nachgewiesen worden ist. Ohnehin wirken Erklärungen eines bevollmächtigten Vertreters nur dann gegen den Vertretenen, wenn der Vertreter bei der Abgabe seiner Erklärung von der ihm erteilten Vollmacht Gebrauch macht (BGH, MittBayNot 2010, 39). Dass die Unterbevollmächtigten von einer solchen ggf. bestehenden Vollmacht hätten Gebrauch machen wollen, lässt sich allein dem Abschlussvermerk der Löschungsbewilligung nicht entnehmen. Die beigefügte Untervollmacht spricht dagegen.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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