Pflichtteil verlangt trotz Verwirkungsklausel – Einsetzung als Schlusserbe entfällt – OLG Hamm 10 W 71/20

Mai 10, 2021

Pflichtteil verlangt trotz Verwirkungsklausel – Einsetzung als Schlusserbe entfällt – OLG Hamm 10 W 71/20

RA und Notar Krau

In einem Fall, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm verhandelt wurde (Az. 10 W 71/20), wurde entschieden, dass ein Abkömmling, der in einem Ehegattentestament als Schlusserbe eingesetzt wurde,

sein Erbrecht verliert, wenn er nach dem Tod des Erstverstorbenen den Pflichtteil fordert, obwohl eine Verwirkungsklausel dies untersagt.

In einem solchen Fall greift die sogenannte Anwachsung gemäß § 2094 BGB, wodurch der Erbteil des enterbten Abkömmlings auf die übrigen Erben übergeht.

Der Fall drehte sich um ein gemeinschaftliches Testament eines Ehepaares, das sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben einsetzte.

Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der Beteiligte zu 3) (ein Enkel des Ehepaars) nach dem Tod des Großvaters den Pflichtteil im Namen seiner verstorbenen Mutter geltend machte, was durch eine Verwirkungsklausel im Testament eigentlich ausgeschlossen war.

Dies führte zur Enterbung des Beteiligten zu 3), und sein Erbteil wuchs dem Beteiligten zu 2), dem Sohn des Ehepaars, zu.

Das Gericht stellte fest, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemanns nicht mehr berechtigt war, das gemeinschaftliche Testament durch ein Einzeltestament abzuändern,

da die Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament bindend geworden waren.

Das nachträglich errichtete Einzeltestament, das den Schwiegersohn (Beteiligten zu 1) als Alleinerben einsetzte, wurde daher als unwirksam erklärt.

Pflichtteil verlangt trotz Verwirkungsklausel – Einsetzung als Schlusserbe entfällt – OLG Hamm 10 W 71/20

Die Pflichtteilsverwirkungsklausel im gemeinschaftlichen Testament wurde als rechtlich wirksame Sicherung des Nachlasses für den überlebenden Ehegatten anerkannt.

Sie sollte verhindern, dass ein Abkömmling durch die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des Erstversterbenden den Nachlass schmälert.

Das Gericht entschied, dass die Klausel auch dann greift, wenn der Pflichtteil von einem Dritten im Namen des Abkömmlings gefordert wird.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 3) wurden zurückgewiesen, und die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments wurde bestätigt.

Das OLG Hamm entschied, dass der Beteiligte zu 2) als Alleinerbe der Erblasserin anzusehen ist, da die Schlusserbeneinsetzung der gemeinschaftlichen Kinder bindend war

und durch die Geltendmachung des Pflichtteils eine Anwachsung gemäß § 2094 BGB stattfand.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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