BayObLG 101 ZBR 97/20 – Angemessenheit einer Barabfindung
RA und Notar Krau
In der Entscheidung BayObLG 101 ZBR 97/20 ging es um die Angemessenheit einer Barabfindung im Rahmen eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-outs, bei dem Minderheitsaktionäre ausgeschlossen wurden.
Die Kläger, allesamt ehemalige Aktionäre der C. AG, waren mit der von der Antragsgegnerin festgesetzten Abfindung von 410,00 Euro pro Aktie nicht einverstanden und forderten eine gerichtliche Festsetzung einer höheren Abfindung.
Das Landgericht München hatte jedoch festgestellt, dass die angebotene Abfindung angemessen sei, und die Anträge der Aktionäre zurückgewiesen
Die C. AG war eine vermögensverwaltende Gesellschaft, deren Hauptgeschäftstätigkeit in der Verwaltung von Immobilien und anderen Vermögenswerten bestand.
Die Antragsgegnerin, eine Europäische Aktiengesellschaft (SE), hielt 90,84 % des Grundkapitals der C. AG und strebte eine Verschmelzung unter Ausschluss der Minderheitsaktionäre an.
Als Grundlage für die Höhe der Abfindung wurde der Net-Asset-Value (NAV)-Ansatz angewendet, der den Unternehmenswert auf 372,01 Euro pro Aktie zum Stichtag am 31. März 2018 festgesetzt hat
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. K. GmbH, die mit der Bewertung beauftragt war, ermittelte den Unternehmenswert auf Basis der Vermögenswerte und Verkäufe der C. AG.
Dabei wurden die Immobilien, der Goldbestand von 475 kg sowie Aktienpakete an verschiedenen börsennotierten Unternehmen bewertet.
Der Wert des Aktienportfolios, darunter Beteiligungen an Royal Dutch Shell, Allianz SE und Nestlé, wurde mit dem gewichteten Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor Bekanntgabe der geplanten Verschmelzung berechnet.
Ein anderer Bewertungsansatz, der Ertragswertansatz, wurde ebenfalls herangezogen, ergab jedoch einen niedrigeren Wert als der NAV-Ansatz.
Daher entschied man sich für den NAV-Ansatz.
Die vom Landgericht beauftragte Abfindungsprüferin bestätigte in ihrem Bericht, dass die von der Antragsgegnerin angebotene Abfindung von 410,00 Euro je Aktie angemessen sei.
Sie hob hervor, dass der Verkehrswert der Aktie unter Berücksichtigung des Aktienkurses und der Vermögenswerte der Gesellschaft korrekt berechnet worden sei.
Der Goldbestand wurde nach dem Bloomberg-Schlusskurs bewertet, und die anderen Vermögenswerte wurden ebenfalls mit marktüblichen Methoden bewertet.
In der Beschwerde vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) argumentierten die Beschwerdeführer, dass der NAV-Ansatz für die Bewertung der Gesellschaft nicht angemessen sei.
Sie kritisierten insbesondere, dass die Verwaltungskosten, die im NAV-Ansatz berücksichtigt wurden, zu hoch angesetzt wurden und damit den Unternehmenswert künstlich verringerten.
Sie führten aus, dass die Gesellschaft keine aktive Geschäftsführung mehr betreibe, da der Immobilienbestand weitgehend veräußert worden sei
und das verbleibende Vermögen hauptsächlich in passiven Anlageformen, wie Aktien und Gold, investiert sei.
Die Verwaltungskosten sollten daher wesentlich niedriger gesetzlich festgelegt werden
Das Gericht wies diese Argumentation zurück und bestätigte, dass die Verwaltungskosten angemessen in die Bewertung eingeflossen seien.
Es wurde argumentiert, dass die tatsächlichen Kosten der Unternehmensführung, einschließlich der Vergütung für den Vorstand und den Aufsichtsrat,
zu berücksichtigen sind, da diese auf vertraglichen Grundlagen beruhen.
Zudem wurden die angesetzten Verwaltungskosten, die mit 1,95 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt wurden, durch einen Vergleich mit externen Vermögensverwaltern plausibilisiert.
Die sachverständige Prüferin führte aus, dass die Verwaltungskosten auch im Vergleich zu den Erträgen aus den Kapitalanlagen der Gesellschaft verhältnismäßig seien.
Die Beschwerdeführer bemängelten außerdem die Berücksichtigung der Zinsswapgeschäfte der C. AG, die einen negativen Barwert aufwiesen, sowie die Bewertung der Pensionsrückstellungen.
Das Gericht hielt jedoch fest, dass der Barwert der Zinsswaps und der Pensionsrückstellungen korrekt berechnet worden sei.
Die Verwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) zur Berechnung des Pensionswertes sei sachgerecht,
da die handelsrechtliche Bewertung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) nicht den tatsächlichen Marktwert widergespiegelt hätte.
Die Bewertung des Vermögens der C. AG, einschließlich des Aktienportfolios und des Goldbestandes, wurde ebenfalls überprüft.
Die Beschwerdeführer argumentierten, dass die stichtagsbezogenen Kurse der Wertpapiere berücksichtigt werden müssten, anstatt der gewichteten Durchschnittskurse der letzten drei Monate.
Das Gericht empfand jedoch, dass die angewandte Methode der Berücksichtigung der Durchschnittskurse angemessen sei, da sie marktüblich sei und auch in der Bewertungspraxis üblicherweise angesetzt werde
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied schließlich, dass die Barabfindung von 410,00 Euro pro Aktie den Minderheitsaktionären einen vollständigen wirtschaftlichen Ausgleich für den Verlust ihrer Beteiligung an der C. AG biete.
Die Entscheidung des Landgerichts München I wurde somit bestätigt, und die Beschwerden der Minderheitsaktionäre wurden zurückgewiesen
Die unselbstständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wurde jedoch teilweise für begründet erklärt.
Das Gericht änderte den Beschluss des Landgerichts dahingehend ab, dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet sei, die außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Aktionäre zu tragen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wurden jedoch der Antragsgegnerin auferlegt
Zusammenfassend bekräftigte das BayObLG, dass die Anwendung des NAV-Ansatzes zur Bewertung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft wie der C. AG sachgerecht sei und dass die festgelegte Barabfindung von 410,00 Euro je Aktie angemessen sei.
Die Argumente der Beschwerdeführer wurden als unbegründet zurückgewiesen, und die gerichtliche Überprüfung der Abfindung führte zu keiner Erhöhung der Entschädigung.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.