Brandenburgisches OLG 3 W 137/19

September 18, 2022

Brandenburgisches OLG 3 W 137/19, Beschluss vom 11.02.2020

Tenor

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 09.10.2019, Az. 6 VI 631/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe Brandenburgisches OLG 3 W 137/19

I.

Die Beteiligte zu 1., die Enkelin und Tochter einer vorverstorbenen Tochter der Erblasserin, wurde mit privatschriftlichem Testament vom …03.2013, der Beteiligte zu 2., der Sohn der Erblasserin mit notariellem Testament vom …02.2016 zum Alleinerben der Erblasserin eingesetzt.

Die Beteiligte zu 1. meint, die Erblasserin sei zum Zeitpunkt der Errichtung des zweiten Testaments testierunfähig gewesen, der Beteiligte zu 2. hält sich aufgrund des Testaments vom …02.2016 für den Alleinerben.

Mit Beschluss vom 09.10.2019 hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben der Erblasserin angeordnet und den Beteiligten zu 3. zum Nachlasspfleger bestimmt.

Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seiner Beschwerde, mit der er sich darauf beruft, es bestehe kein Grund für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, da er aufgrund des notariellen Testaments vom … .02.2016 Alleinerbe geworden sei.

Der Erbe sei somit bekannt und habe die Erbschaft angenommen.

Ein Rechtsstreit über das Erbrecht sei nicht anhängig.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Brandenburgisches OLG 3 W 137/19

Die nach §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Nachlassgericht ist zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach §1960 BGB ausgegangen.

Gemäß § 1960 BGB kann das Nachlassgericht dem unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht.

Dabei ist die Frage, ob der Erbe “unbekannt” ist und ob ein Sicherungsbedürfnis besteht, vom Standpunkt des Nachlassgerichts bzw. des im Beschwerdeverfahren an seine Stelle getretenen Beschwerdegerichts aus zu beurteilen, wobei der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über die Sicherungsmaßnahme maßgebend ist.

Dabei ist allgemein anerkannt, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn mehrere Erben in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne weitere Ermittlungen davon überzeugen kann, wer Erbe ist, weil Streit über die Testierfähigkeit des Erblassers und damit über die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung besteht

Bloße oberflächliche Zweifel an der Gültigkeit des Testaments genügen nicht

Dies ist bei einer Konstellation wie der hier vorliegenden dann der Fall, wenn Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestehen, die nicht von vornherein von der Hand zu weisen und damit ernst zu nehmen sind

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Zweifel sind, wovon das Nachlassgericht zutreffend ausgegangen ist, nicht bloß oberflächlicher Natur.

Es liegt ein – im Betreuungsverfahren eingeholtes – Gutachten vor, das der Erblasserin bereits für den Zeitpunkt ab März 2013 die Testierfähigkeit abspricht.

Ferner liegt ein im selben Verfahren eingeholtes Obergutachten des Sachverständigen Dr. P vor, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Erblasserin weder im Zeitraum zwischen Februar 2013 und Februar 2016, noch im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bzw. der Exploration durch den Gutachter am 06.07.2019 geschäftsunfähig war.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 25.09.2019 zahlreiche, ausführlich begründete und konkrete Einwände gegen das Gutachten des Dr. P… erhoben, die nicht von vorneherein von der Hand zu weisen sind und sich nicht darauf beschränken, das Ergebnis des Gutachtens pauschal in Abrede zu stellen.

Insofern liegen aufgrund der sich widersprechenden Gutachten mehr als bloß oberflächliche Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des letzten Testaments am 08.02.2016 vor, denen im Erbscheinsverfahren weiter nachzugehen sein wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

paragraph, law, symbol

Urteil VGH Baden-Württemberg 25.04.2024 – 2 S 1900/23 Erbengemeinschaft Beitragsschuldner für Erschließungsbeiträge

September 24, 2024
Urteil VGH Baden-Württemberg 25.04.2024 – 2 S 1900/23 Erbengemeinschaft Beitragsschuldner für ErschließungsbeiträgeZusammenfassung RA und …
brown crucifix

Beschluss AG Bonn 14.04.2024 – 34 VI 136/23 Internationale Zuständigkeit

September 24, 2024
Beschluss AG Bonn 14.04.2024 – 34 VI 136/23 Internationale ZuständigkeitZusammenfassung RA und Notar KrauKernaussage:Das Amtsgeri…
angel, figure, statue

Urteil LG Detmold 18.04.2024 – 04 O 275/23 – Bereicherung Nachlass

September 24, 2024
Urteil LG Detmold 18.04.2024 – 04 O 275/23 – Bereicherung NachlassZusammenfassung RA und Notar KrauTenor:Der Beklagte (Testamentsv…