Kernaussage:
Eine Abfindung für den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche, die im Rahmen eines Erbschaftsvertrags
zwischen Geschwistern vereinbart wurde, stellt eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.
Die Schenkungsteuer ist jedoch nach der im Verhältnis zum Erblasser geltenden Steuerklasse festzusetzen, nicht nach dem Verhältnis zum tatsächlich Leistenden.
Sachverhalt:
Der Kläger und seine drei Brüder schlossen einen Erbschaftsvertrag, in dem der Kläger auf seinen Pflichtteil im Falle des Ausschlusses von der Erbfolge nach seiner Mutter verzichtete.
FG Münster 3 K 4815/08 Erb
Im Gegenzug verpflichteten sich die Brüder, ihm jeweils 150.000 Euro zu zahlen.
Das Finanzamt behandelte die Zahlungen als Schenkung der Mutter und setzte die Schenkungsteuer
entsprechend der Steuerklasse im Verhältnis des Klägers zur Mutter fest. Zudem berücksichtigte es eine frühere Schenkung der Mutter an den Kläger.
Rechtliche Würdigung:
Das FG Münster hob den Schenkungsteuerbescheid auf.
1. Abfindung als freigebige Zuwendung:
Das Gericht stellte fest, dass die Abfindung für den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt.
2. Schenkungsteuerliche Behandlung:
Entgegen der Auffassung des Finanzamts handle es sich jedoch nicht um eine Schenkung der Mutter.
FG Münster 3 K 4815/08 Erb
Der Kläger wurde nicht aus dem Vermögen seiner Mutter bereichert, da die Zahlungen von seinen Brüdern stammten.
Eine Fiktion eines Erwerbs von der Mutter sei gesetzlich nicht vorgesehen.
Anders sei dies bei einem nachträglichen Pflichtteilsverzicht gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG oder einem vorzeitigen Erbverzicht nach §§ 2346, 2352 BGB,
bei denen der Gesetzgeber ausdrücklich einen Erwerb vom Erblasser fingiere.
Im vorliegenden Fall habe der Kläger mit seinen Brüdern einen Erbschaftsvertrag geschlossen, an dem die Mutter nicht beteiligt war.
Gegenstand der Vereinbarung sei allein das Vermögen der Brüder gewesen.
3. Steuerklasse:
Obwohl die Schenkung von den Brüdern stammte, sei die Schenkungsteuer nach der im Verhältnis zum Erblasser geltenden Steuerklasse festzusetzen.
FG Münster 3 K 4815/08 Erb
Dies entspreche der Rechtsprechung des BFH.
4. Offene Fragen:
Das Gericht ließ offen, ob es der Rechtsprechung des BFH zur Freigebigkeit und zur Frage der Gegenleistung folgt.
Ebenfalls offen blieb die Frage, ob bei Anwendung der Steuerklasse im Verhältnis zum Erblasser auch der Freibetrag
und die Vorschriften zur Berücksichtigung früherer Erwerbe vom Erblasser anzuwenden wären.
5. Revision:
Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Fazit:
FG Münster 3 K 4815/08 Erb
Das FG Münster stellte klar, dass eine Abfindung für den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche im Rahmen eines Erbschaftsvertrags zwischen Geschwistern
zwar eine freigebige Zuwendung darstellt, die Schenkungsteuer aber nach der im Verhältnis zum Erblasser geltenden Steuerklasse festzusetzen ist.