OLG Frankfurt am Main 20 W 448/10

September 25, 2022

OLG Frankfurt am Main 20 W 448/10 Beschluss vom 16.11.2010 – Zustimmungsbeschluss beherrschte Gesellschaft – Änderung Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag – Ermächtigung nach § 378 Absatz 2 FamFG

1. Zur Frage, ob der Notar, der den Zustimmungsbeschluss der beherrschten Gesellschaft zur Änderung eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages beurkundet hat, sich ausdrücklich nur auf die Ermächtigung nach § 378 Absatz 2 FamFG stützen kann und danach berechtigt ist, diese Änderung in Eigenurkunde anzumelden.

2. Zum Recht des Registergerichts von einem anmeldenden Notar die Vorlage einer Vollmacht zu verlangen

Tenor OLG Frankfurt am Main 20 W 448/10

Auf die Beschwerde werden die angefochtenen Zwischenverfügungen aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, den Eintragungsantrag der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

Gründe OLG Frankfurt am Main 20 W 448/10

I.

Die Antragstellerin stimmte mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom –.09.2010 (Urkundenrolle Nr. …/2010) dem Änderungsvertrag vom –.08.2010 über den zwischen ihr und der A-AG als herrschendem Unternehmen bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom –.11.2009 zu.

Weitere Beschlüsse wurden in dieser Gesellschafterversammlung nicht gefasst.

Die Urkunde enthält keine ausdrückliche Vollmacht des beurkundenden Notars zur Anmeldung dieser Änderung des Unternehmensvertrages in das Handelsregister.

Der verfahrensbevollmächtigte Notar meldete diese Vertragsänderung mit Schreiben vom 30.09.2010 zur Eintragung in das Handelsregister in Eigenurkunde an.

Er leitete die Anmeldung wie folgt ein: „…melde ich als Notar der Berechtigten gemäß § 378 FamFG aufgrund Eigenurkunde zur Eintragung in das Handelsregister an:…“

Das Amtsgericht hat sodann in erster Zwischenverfügung vom 04.10.2010 darauf hingewiesen, dass eine Anmeldung durch den Notar nach § 378 FamFG nicht als ausreichend angesehen werde.

Der Notar habe lediglich ein Antragsrecht aber kein aktives Anmelderecht, wenn er nicht durch eine ausreichende Vollmacht hierzu berechtigt sei (Bl. 13 d.Akte).

Der verfahrensbevollmächtigte Notar wies in seiner nachfolgenden Stellungnahme vom 07.10.2010 (Bl. 17 d.Akte) darauf hin, dass das Antrags- und Anmelderecht nach § 378 FamFG auch im vorliegenden Fall gelte.

Die Anmeldung zum Handelsregister sei nichts anderes als ein Antrag auf Eintragung und § 378 Absatz 2 FamFG begründe für den Notar eine unwiderlegliche Vermutung, dass er ermächtigt sei, die entsprechende Registereintragung zu beantragen, also im Wege der Eigenurkunde die entsprechende Tatsache anzumelden. Einen Nachweis der Vollmacht dürfe das Registergericht nicht verlangen.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 18.10.2010 (Bl. 22 d.Akte) hat das Amtsgericht an seiner ersten Zwischenverfügung festgehalten und darauf hingewiesen, dass § 378 Absatz 2 FamFG von einer Ermächtigung des Notars zur „Beantragung“ nicht aber zur „Anmeldung“ spreche.

Hätte der Gesetzgeber eine Anmeldung in Eigenurkunde durch den Notar als möglich angesehen, so wäre das Wort „Anmeldung“ explizit in § 378 FamFG in dieser Verbindung erwähnt worden. Es müsse zwischen Antrags- und Anmelderecht unterschieden werden. Nochmals wurde um Vorlage einer Anmeldevollmacht gebeten.

Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat sodann, eingegangen beim Amtsgericht am 01.11.2010 und versehen mit entsprechendem elektronischen Zeugnis und elektronischer Signatur, Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen eingelegt, die er mit den Worten einleitete: „…erhebe ich auftragsgemäß im Namen der Gesellschaft gegen die Zwischenverfügungen….Beschwerde“ und diese umfassend begründet (Bl. 28 ff d.Akte).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde in seinem Beschluss vom 3.11.2010 aus den Gründen der beiden Zwischenverfügungen nicht abgeholfen (Bl. 34 d.Akte).

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 382 Absatz 4 in Verbindung mit § 374 Nr. 1 FamFG statthaft und auch im übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurde (§§ 63, 64 FamFG).

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Die Beschwerde ist auch begründet.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kann dieses die mit Eigenurkunde des Verfahrensbevollmächtigen Notars B vom 30.09.2010 angemeldete Eintragung der Abänderung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages der Beteiligten zu 1) mit der A-AG nicht mit dem Hinweis ablehnen, dass § 378 Absatz 2 FamFG insoweit als Ermächtigungsgrundlage nicht einschlägig sei und daher eine Vollmacht zur Vornahme der Anmeldung vorzulegen sei.

Die von dem verfahrensbevollmächtigten Notar vorgenommene Anmeldung im Namen der Berechtigten in Eigenurkunde unter Bezugnahme auf § 378 FamFG ist durch die in Absatz 2 dieser Vorschrift enthaltende Ermächtigung abgedeckt.

Nach § 378 FamFG gilt der Notar als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Berechtigten die Eintragung zu beantragen, wenn die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von ihm beurkundet oder beglaubigt wurde.

Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat vorliegend eine derartige zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet.

Einigkeit besteht insoweit darüber, dass unter einer „zur Eintragung erforderlichen Erklärung“ alle Erklärungen fallen, die Grundlage der beantragten Registereintragung sind.

Dazu zählen beispielweise Gesellschafterbeschlüsse, Gesellschaftsverträge, aber auch Unternehmensverträge (MüKo zur ZPO, München 2010, § 378 FamFG, Rn. 5.; Steder, in Jansen, FGG, 3.Aufl. § 129, Rn. 12; Heinemann in Keidel, FamFG, 16. Aufl. § 378, Rn.5; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, München 2008, § 12, Rn 111 jeweils mwN).

Die streitige Frage, ob auch nur die Beurkundung bzw. Beglaubigung der Anmeldungserklärung des Geschäftsführers durch den Notar eine derartige Erklärung darstellt (vgl. insoweit die vorgenannten Nachweise), muss hier nicht entschieden werden, da es sich vorliegend bei dem von dem antragstellenden Notar beurkundeten Zustimmungsbeschluss der Antragstellerin zum Änderungsvertrag des Unternehmensvertrages bereits um eine zur Eintragung erforderliche Erklärung handelt.

Die Vorlage des zur Wirksamkeit des Änderungsvertrages erforderlichen Gesellschafterbeschlusses (analog § 293 Absatz 1 AktG) zum Handelsregister ist für dessen dortige Eintragung erforderlich (Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8.Aufl. Rn. 1112, 1116).

Auch hat der verfahrensbevollmächtigte Notar mit seiner Anmeldung vom 30.09.2010 im Sinne von § 378 Absatz 2 FamFG im Namen eines zur Anmeldung „Berechtigten“ gehandelt.

Als insoweit zur Anmeldung „Berechtigter“ ist nach Ansicht des Senats vorliegend die Antragstellerin selbst anzusehen.

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Diese Auslegung entspricht den zu §§ 54 und 78 GmbHG vertretenen Auffassungen.

So hat auch der BGH (Beschluss vom 24.10.1988, Az. II ZB 7/88, zitiert nach juris) die Ansicht vertreten, dass die auf eine Eintragung mit konstitutiver Wirkung gerichtete Anmeldung eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages auf jeden Fall im Namen der Gesellschaft erfolge, Anmeldende sei in einem derartigen Falle daher die Gesellschaft selbst, vertreten durch ihre Geschäftsführer.

Auch Bayer (in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17.Auflage, § 54, Rn. 2) geht in der Kommentierung zur Frage der Anmeldung von Satzungsänderungen davon aus, dass die Gesellschaft selbst „antragsberechtigt“ sei und dabei durch ihre Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl vertreten werde.

Auch Rühland (in Michalski, GmbHG, 2.Aufl. 2010, § 78 Rn. 3 mwN) weist darauf hin, dass Antragstellerin alleine die Gesellschaft sei.

Für die Anwendung von § 378 Absatz 2 FamFG ist es demnach nicht Voraussetzung, dass der beurkundende Notar neben dem Gesellschafterbeschluss auch eine Erklärung der Geschäftsführer der Gesellschaft beurkundet haben muss oder in deren Namen handeln müsste.

Auch daraus, dass die Geschäftsführer hinsichtlich der Anmeldung der Änderung des Unternehmensvertrages ebenfalls „Berechtigte“ im Sinne von § 378 Absatz 2 FamFG sind, kann dies nicht geschlossen werden, da das Gesetz diese Voraussetzung bereits seinem Wortlaut nach nicht aufstellt.

Auch daraus, dass § 78 GmbHG grundsätzlich den /die Geschäftführer als Anmeldepflichtige benennt, kann nichts anderes gefolgert werden, denn es ist allgemein anerkannt, dass eine Vertretung bei der Anmeldung auch durch Dritte erfolgen kann, soweit nicht Anmeldungen betroffen sind, in denen höchstpersönliche Erklärungen der Anmeldenden erforderlich sind, so wenn der Inhalt der Erklärungen strafrechtlich gegen unrichtige Angaben geschützt ist (z.B. § 8 Absatz 2 und § 57 Absatz 2 GmbHG; vgl. Krafka/Willer/Kühn,aaO, Rn. 114, 115 mwN; Heinemann, in Keidel, aaO, § 374, Rn 47; Hass in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19.Aufl., § 78 Rn. 4).

Da es sich bei der Anmeldung der Änderung eines Unternehmensvertrages nicht um eine höchstpersönlich durch den Geschäftsführer abzugebende Erklärung handelt, hätte sich die Antragstellerin grundsätzlich auch Dritter Personen zur Erreichung ihres Rechts der Eintragung dieser Tatsache ins Handelsregister bedienen können.

Dabei hätte die Erteilung der „Registervollmacht“ auch durch die Gesellschafter selbst erfolgen können, etwa im Rahmen der Änderungen eines Gesellschafterbeschlusses zur Änderung des Gesellschaftsvertrages (so Krafka, in Münchner Kommentar zum HGB, 3.Auflage, 2010, § 12, Rn. 28).

Da mithin der verfahrensbevollmächtigte Notar hier eine zur Eintragung erforderliche Erklärung der Gesellschaft beurkundet hat und die Gesellschaft anmeldeberechtigt ist, geht es hier nicht um die Frage, ob der im Grundbuchverfahren zu § 15 GBO anerkannte Grundsatz, wonach der Notar als bevollmächtigt gilt, jeden Anmeldeberechtigten zu vertreten, auch wenn der Notar seine Erklärung nicht beurkundet oder beglaubigt hat oder der Betreffende überhaupt keine Erklärung abgegeben hat, auch auf das Registerrecht übertragen werden kann (siehe hierzu mit weiteren Nachweisen Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2009, § 378, Rn. 14).

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Weiterhin hat das Amtsgericht im Zusammenhang mit seiner Auslegung von § 378 Absatz 2 FamFG aus den dort verwendeten unterschiedlichen Begriffen „Beantragung“ und „Anmeldung“ den zu weit gehenden Schluss gezogen, der Gesetzgeber habe hierdurch verdeutlichen wollen, dass der Notar nicht zur Anmeldung durch Eigenurkunde berechtigt sei, sondern lediglich zur Beantragung der Eintragung bei Vorliegen einer anderweitigen Anmeldung, bzw. bei einer entsprechenden, ihm erteilten gesonderten Anmeldevollmacht.

Der Begriff der „Anmeldung“ ersetzt im Handelsregisterverfahren den sonst in anderen Gesetzen verwendeten Begriff des Antrages.

So geht Bayer (in Lutter/Hommelhoff, aaO, Rn 2) davon aus, dass das Eintragungsverfahren nach dem FGG/FamFG „durch einen Antrag („Anmeldung“)“ eingeleitet wird. Auch Sternal weist darauf hin, dass die in Registersachen an das Gericht gerichteten Anträge auf Vornahme von Eintragungen oder Löschungen – mit Ausnahme des für das Güterrechtsregister bestimmten Antrages nach § 1560 BGB – im Gesetz als „Anmeldung“ bezeichnet werden (in Keidel, aaO, § 23, Rn. 57). Ebenso weist Heinemann darauf hin, dass Eintragungen in das Handels- Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister im Regelfall als Antrag erfolgen, den das materielle Recht als „Anmeldung“ bezeichne (in Keidel, aaO, § 374, Rn. 37).

Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber bei seiner Fassung des § 129 FGG, bzw. nunmehr § 378 Absatz 2 FamFG, mit der Wahl des Wortes „Anmeldung“ lediglich den insoweit in Registersachen und den zugrundeliegenden materiellen Gesetzen (HGB, GmbHG, AktG, UmwG etc.) üblichen Begriff für einen Antrag verwenden wollte und mit dieser Wahl nicht darüber hinaus eine inhaltliche Einschränkung der Ermächtigung vornehmen wollte.

Dafür spricht auch der Vergleich mit der inhaltsgleichen Vorschrift des § 15 Absatz 2 GBO. In dieser ist formuliert, dass der Notar als ermächtigt gilt, „im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen“. Diese Wortwahl ist dort wiederum der übrigen Terminologie des Grundbuchverfahrens geschuldet, die keine Anmeldungen, sondern eben Anträge kennt.

Aber auch die Funktion der Anmeldung spricht nicht für die vom Amtsgericht vorgenommene Einschränkung.

Insoweit besteht heute weitestgehend Einigkeit darüber, dass der handelsregisterlichen Anmeldung in erster Linie eine verfahrensrechtliche Bedeutung als Eintragungsantrag zukommt (Koch in Großkommentar zum HGB, 5.Auflage, § 12, Rn. 5; BayOblG, Beschluss vom 22.02.1985, Az. BReg 3 Z 16/85 in BayOblGZ 1985, 82,83; Krafka, in MüKo zum HGB, 3. Auflage, 2010, § 12, Rn 4 ff; Schaub in Ebenroth/Boujong/Josst/Strohn, aaO, § 12 Rn. 29). Ob sich ihre Bedeutung darüber hinaus erstreckt und wenn ja, auf welche weiteren Elemente, ist im Einzelnen umstritten.

So wird der Gehalt der Anmeldung als nicht rechtsgeschäftlicher Organisationsakt beschrieben, speziell im Bereich der Anmeldung einer Kapitalgesellschaft, oder ihr auch ein rechtsgeschäftsähnlicher Charakter beigemessen.

Soweit die Anmeldung zusätzlich als Garantieerklärung verstanden wurde, wonach das Registergericht auf die Richtigkeit der angemeldeten Tatsachen vertrauen dürfe, hat der BGH (Beschluss vom 02.12.1991, Az. II ZB 13/91, zitiert nach juris) diese Bedeutung ausdrücklich verneint (vgl. im Einzelnen mit mwN: Koch in Großkommentar zum HGB, aaO Rn. 5 ff).

Aber auch dann, wenn man der Anmeldung in verschiedenen Bereichen eine materiell-rechtliche Bedeutung beimisst, so im Gründungsrecht der Kapitalgesellschaften, bei den Versicherungen nach § 8 Absatz 2 GmbHG und Erklärungen und Versicherungen nach § 37 AktG, oder im Rahmen der Kaufmannseigenschaft nach §§ 2, 3 HGB und auch verschiedene Vorschriften aus dem Recht der Willenserklärungen auf die Anmeldung anwendet (z.B. §§ 104 ff BGB über die Geschäftsfähigkeit, § 130 BGB über den Zugang beim Registergericht, §§ 164 ff BGB über die Vertretung), spricht dies nicht gegen eine Vertretung im Rahmen der Erklärung der Anmeldung, sondern zeigt vielmehr deren Grenzen auf.

Soweit der Anmeldung in verschiedenen Bereichen danach auch eine materiell-rechtliche Bedeutung zukommt, ist in der Regel, wie beispielsweise bei §§ 8 Absatz 2 GmbHG oder 37 AktG, davon auszugehen, dass es sich um höchstpersönliche Erklärungen handelt, bei denen sich die Frage der Vertretung nach § 378 Absatz 2 FamFG von vorneherein nicht stellt.

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Auch dann, wenn durch den beurkundenden/beglaubigenden Notar unter Berufung auf § 378 Absatz 2 FamFG weitere materielle Erklärungen abgegeben werden sollen, die weder unmittelbarer Gegenstand der beurkundeten oder beglaubigten Erklärung des zugrunde liegenden Gesellschafteraktes waren, noch Gegenstand einer höchstpersönlichen Anmeldung durch den Geschäftsführer sein müssen, kommt eine Vertretung durch den Notar unter Berufung auf § 378 Absatz 2 FamFG nicht in Frage (so beispielsweise für die Anmeldung der neben einer beurkundeten Satzungsänderung tatsächlich gewählten neuen Geschäftsanschrift der Gesellschaft, soweit diese weder Satzungsinhalt geworden ist, noch in sonstiger Form durch die Gesellschafter in der beurkundeten/beglaubigten Erklärung Eingang gefunden hat).

Voraussetzung für eine Ermächtigung des Notars zur Anmeldung nach § 387 Absatz 2 FamFG ist daher in jedem Fall, dass der Notar nicht über den Inhalt der von ihm beurkundeten oder beglaubigten Erklärung hinausgeht oder von dieser abweicht (Koch in Großkommentar, HGB, 5.Auflage 2009, § 12, Rn 48; Steder aaO, Rn 25, jeweils mwN). Dies wäre nur im Rahmen einer erteilten Vollmacht möglich.

Vorliegend hat der verfahrensbevollmächtigte Notar sich bei der von ihm vorgenommenen Anmeldung im Rahmen des von ihm beurkundeten Gesellschafterbeschlusses gehalten, so dass auch insoweit keine Bedenken gegen die Anwendung der Ermächtigung aus § 387 Absatz 2 FamFG bestehen.

Soweit ersichtlich war die hier zur Entscheidung anstehende Frage zum Handelsregisterverfahren bislang nur Gegenstand zweier veröffentlichter Entscheidungen zu § 129 FGG, die aber beide ebenfalls die vom Senat zuvor vertretene Auffassung stützen.

So hat das Landgericht Weiden in einem Beschluss vom 11.06.1980 (Az. 3 T 294/80, MittBayNot 1980, 174 f) entschieden, dass ein Notar gemäß § 129 FGG berechtigt sei, die Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB zum Handelsregister anzumelden, wenn er den dieser zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag beurkundet habe, obwohl in dem dortigen Sachverhalt, soweit ersichtlich, eine eigene Anmeldung dieser Tatsache durch die Geschäftsführer nicht vorlag.

Das Landgericht München hat in einem Beschluss vom 30.05.1975 (Az. 11 HKT 9127/75, MittBayNot 1975, 181 f) entschieden, dass ein Notar gemäß § 129 FGG berechtigt sei, die abstrakte Vertretungsregelung zum Handelsregister anzumelden, wenn er den dieser zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag beurkundet habe.

Im dortigen Sachverhalt lag zwar, soweit ersichtlich, eine eigene Anmeldung durch die Geschäftsführer vor, der Notar ergänzte diese dann jedoch nach Zwischenverfügung des Amtsgerichts nachträglich durch Eigenurkunde.

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Das Landgericht wies darauf hin, dass es die Auffassung des Registergerichts nicht teile, wonach § 129 FGG dem Notar keine Stellvertretung in der Anmeldung gewähre, solange sich dieser im Rahmen der beurkundeten oder beglaubigten Erklärung halte.

Auch die Kommentierungen von Priester/Veil (in Scholz, GmbHG, 10.Aufl. §54, Rn 7 ), wonach der Notar seit dem 01.09.2009 zur Anmeldung nicht mehr bevollmächtigt werden müsse, von Schaub (in Ebenroth/Boujong/Joost./Strohn, aaO, § 12 Rn. 112) sowie Bumiller/Harders (FamFG, 9.Auflage, 3 378, Rn. 4), wonach der Notar berechtigt sei, die in dem von ihm beurkundeten Gesellschaftsvertrag enthaltende abstrakte Vertretungsreglung im Namen der Geschäftsführer in das Handelsregister anzumelden, sowie von Rauscher (in MüKo zur ZPO, München 2010, § 378 Rn.9), wonach zugunsten des Notars die Vermutung gelte, dass er ermächtigt sei, die entsprechende Registereintragung zu beantragen, also förmlich im Wege der Eigenurkunde die entsprechende registerfähige Tatsache anzumelden, sprechen für die vom Senat getroffene Auslegung.

Soweit entgegen der dargelegten Auffassung des Senats, soweit ersichtlich einzig, von Edenharter (in Jurgeleit, FGG, 1.Aufl. 2010, § 19, Rn. 11) darauf hingewiesen wird, dass von dem Recht zur Antragstellung das Recht zur Anmeldung zu unterscheiden sei und sich dieses nicht aus § 378 Absatz 2 FamFG ergebe, fehlt es an einer Begründung dieser Auffassung.

Auch die zu § 54 GmbHG noch in den aktuellen, nach dem 01.09.2009 erschienenen Auflagen vertretenen Auffassungen von Zöllner (in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19.Aufl., § 54, Rn. 3) und Hoffmann (in Michalski, GmbHG, München 2010, § 54 Rn. 6), wonach mangels fehlender Anmeldepflicht einer Satzungsänderung eine Anmeldung zwar durch Bevollmächtigte möglich sei, ein Antragsrecht des Notars nach § 378 FamFG aber nicht bestehe, veranlassen zu keiner anderen Auslegung.

Offensichtlich gründen diese noch auf der Fassung des § 129 FGG. Danach galt der Notar als ermächtigt zur Antragstellung, wenn er diese im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten erklärte.

Daraus wurde teilweise geschlossen, dass § 129 FGG nur in den Fällen einer Anmeldepflicht gelte (vgl. Ulmer in Ulmer, GmbHG, 2008, § 54 Rn. 9).

Dieser Auffassung wurde mit der neuen gesetzlichen Regelung des § 378 Absatz 2 FamFG aber die Grundlage entzogen, die nun nicht mehr den zur Anmeldung Verpflichteten sondern den zur Anmeldung Berechtigten bezeichnet. So ist auch in BT-Drucksache 16/6308, Seite 285, als Motiv für die Gesetzesänderung aufgeführt: „Mit der Regelung wird das Antragsrecht der Notare dahingehend ausgedehnt, dass diese auch dann berechtigt sind, wenn keine Anmeldepflicht besteht“.

Auch soweit für das Güterrechtregisterverfahren eine andere Auffassung vertreten wird, spricht dies nicht gegen die vom Senat für das Handelsregisterverfahren getroffene Auslegung:

Dort wird unter anderen von dem OLG Köln (Beschluss vom 10.01.1983, Az. 2 Wx 47/82 zitiert nach juris) und dem OLG Celle (Beschluss vom 26.04.1999, Az. 9 W 44/99, zitiert nach juris) die Auffassung vertreten, dass die Erklärung nach § 1560 Satz 1 BGB, wonach eine güterrechtliche Vereinbarung in das Register eingetragen werden soll, keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Erklärung sei, die alleine den Ehegatten zustehe.

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Neben der Entschließung der Ehegatten, eine besondere güterrechtliche Vereinbarung zu treffen, stehe selbständig ihre Entschließung, diese vereinbarte Regelung in das Güterrechtsregister eintragen zu lassen oder nicht. So erkläre sich auch die Vorschrift des § 1561 BGB, wonach jeder Ehegatte dem anderen gegenüber zur Mitwirkung verpflichtet sei.

Die materiell-rechtliche Bedeutung dieser Regelung werde dadurch verdeutlicht, dass jeder Ehegatte sie durch Klage auf Abgabe einer Willenserklärung erzwingen könne.

Für das Güterrechtsverfahren sei danach für die Anwendung von §§ 161, 129 FGG zu unterscheiden, ob es sich um einen Verfahrensantrag handele, der die Tätigkeit der eintragenden Behörde (hier des Amtsgerichts) anrege, oder um die zuvor erläuterte materiell-rechtliche Antragserklärung, die als Eintragungsvoraussetzung von den Berechtigten selbst abgegeben werden müsse.

Die §§ 161, 129 FGG würden nur für den Verfahrensantrag gelten, aber nicht für die materiell-rechtliche Antragserklärung, mit der Folge, dass der Notar letztere nicht aufgrund §§ 161, 129 FGG in Eigenurkunde anmelden könne, sondern nur den Verfahrensantrag stellen könne.

Wenn er auch die materiell-rechtliche Eintragungserklärung abgeben wolle, sei dazu eine Vollmacht durch die Berechtigten erforderlich.

Diese Ausgangslage ist jedoch nach Ansicht des Senats nicht mit der des Handelsregisterverfahrens vergleichbar.

Im Handelsregisterverfahren geht es gerade nicht um eine zusätzliche „Einigung“ der Gesellschafter darüber, ob die von ihnen beschlossene eintragungsfähige Tatsache auch tatsächlich angemeldet und damit publik gemacht werden soll.

Die entscheidende „Einigung“ ist bereits durch den Gesellschafterbeschluss selbst hergestellt worden, zu deren Anmeldung dann die Geschäftsführer nach § 78 GmbHG verpflichtet sind.

Ein Gewinn- und Beherrschungsvertrag bedarf nach hM zu seiner Wirksamkeit einer Eintragung im Handelsregister analog § 54 GmbHG (Zöllner, in Baumbach/Hueck,aaO, SchlAnhKonzernR, Rn, 52 mwN), was auch für die Abänderung eines solchen Vertrages gilt.

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Es geht also bei der Anmeldung der Änderung des Gewinn- und Beherrschungsvertrages im Handelsregister nicht mehr um eine „Einigung“ zweier Beteiligter über die Frage der Stellung eines Eintragungsantrages für eine materiell-rechtlich schon wirksam abgeschlossene Einigung, sondern um die Einleitung eines weiteren Verfahrensschrittes, der zur Erreichung der Wirksamkeit der beschlossenen Vertragsänderung erforderlich ist, und über den gerade keine Einigung mehr erzielt werden muss.

Darüber hinaus hätte das Amtsgericht auch aus folgenden Gründen die Eintragung nicht von der Vorlage einer Vollmacht des verfahrensbevollmächtigten Notars abhängig machen dürfen:

Grundsätzlich gilt, dass das Amtsgericht eine Vollmacht von dem Notar auch dann nicht hätte verlangen können, wenn dieser sich nicht ausdrücklich nur auf die Vollmachtsvermutung nach § 387 Abs.2 FamFG berufen hätte, und die Anmeldung von Anfang an oder zusätzlich im Namen der Gesellschaft erklärt hätte.

Das Registergericht muss vielmehr davon ausgehen, dass der Notar seine Amtspflichten beachtet und nicht ohne eine entsprechende Bevollmächtigung handelt (Preuß, in Oetker, HGB, München 2009, § 12, Rn. 45; BayOblG, Beschluss vom 16.02.2000, Az. 3 Z BR 389/98, in NJW-RR 2000, 990, Schaub in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, aaO, § 12 Rn. 114, Steder in Jansen FGG, aaO, Rn. 28). Dieser Grundsatz ist im übrigen nunmehr auch in § 11 Satz 4 FamFG normiert.

Aus diesem Grund hätte das Amtsgericht seine Entscheidung nach Eingang der Beschwerde noch einmal im Hinblick auf die Bedeutung der von dem verfahrensbevollmächtigten Notar ausdrücklich „auftragsgemäß im Namen der Gesellschaft“ eingelegten Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen vom 4. und 18. Oktober überprüfen müssen.

Zum einen bedurfte es für die Einlegung dieser Beschwerde aus den genannten Gründen keiner Vollmachtsvorlage und zum anderen hat der verfahrensbevollmächtigte Notar damit konkludent auch erklärt, dass die Antragstellerin seine Anmeldung vom 30.09.2010 zumindest genehmigt hat, da sie sonst keine Beschwerde mit dem Ziel der Eintragungsvornahme eingelegt hätte, so dass auch aus diesem Grund die Vorlage einer Vollmacht nicht mehr hätte verlangt werden dürfen und die Zwischenverfügungen aufzuheben waren.

Aufgrund des vollständigen Erfolges der Beschwerde, stellt sich die Frage der Zulassung einer Rechtsbeschwerde nicht.

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