OLG Frankfurt am Main 8 W 13/19 – Grundstücksübertragung – Wohnrecht

September 18, 2022

OLG Frankfurt am Main 8 W 13/19 – Grundstücksübertragung – Wohnrecht

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Vereinbaren die Parteien bei einer Grundstücksübertragung ein Wohnrecht des Veräußerers und eine Pflegepflicht des Erwerbers,

so führt der Tod des Veräußerers kurz nach Vertragsschluss nicht automatisch zu einem Zahlungsanspruch der Erben für das nicht genutzte Wohnrecht und die nicht erbrachten Pflegeleistungen.

Eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist in solchen Fällen nicht gerechtfertigt.

Hintergrund:

  • Ein Erblasser verkaufte seinen Grundbesitz an seine Nichte.
  • Der Vertrag sah ein lebenslanges Wohnrecht für den Erblasser und eine Pflegeverpflichtung der Nichte vor.
  • Der Erblasser verstarb kurz nach Vertragsschluss, ohne das Wohnrecht in Anspruch zu nehmen und ohne Pflegeleistungen zu erhalten.
  • Die Erbin des Erblassers forderte von der Nichte Zahlung für das nicht genutzte Wohnrecht und die nicht erbrachten Pflegeleistungen.

OLG Frankfurt am Main 8 W 13/19 – Grundstücksübertragung – Wohnrecht

Entscheidung des Gerichts:

  • Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wies die Beschwerde der Erbin zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, das den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt hatte.
  • Das Gericht argumentierte, dass bei Abschluss des Vertrags beide Parteien sich der Unwägbarkeiten bewusst waren.
  • Der Erblasser ging das Risiko ein, dass er das Wohnrecht und die Pflegeleistungen aufgrund seines frühen Todes nicht in Anspruch nehmen könnte.
  • Die Nichte ging das Risiko ein, dass sie diese Leistungen über einen langen Zeitraum erbringen müsste.
  • Der Vertrag enthielt keine Regelungen für den Fall eines frühen Todes des Erblassers, was aber keine Lücke darstellt, die einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf.
  • Eine Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist ebenfalls nicht gerechtfertigt, da der Tod des Erblassers ein vorhersehbares Risiko war.
  • Auch landesrechtliche Vorschriften zum Altenteilsrecht finden keine Anwendung, da kein solches vereinbart wurde.

Fazit:

  • Bei Verträgen mit Wohnrecht und Pflegeverpflichtung trägt jede Partei das Risiko, dass sich die vereinbarten Leistungen aufgrund des Todes des Berechtigten nicht oder nur teilweise erfüllen.
  • Ein früher Tod des Berechtigten führt nicht automatisch zu einem Anspruch der Erben auf Ausgleich für nicht in Anspruch genommene Leistungen.
  • Eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine Vertragsanpassung ist in solchen Fällen nur in Ausnahmefällen möglich, wenn der Vertrag eine Regelungslücke enthält oder unvorhergesehene Umstände eintreten.
RA und Notar Krau

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