OLG München 34 Wx 425/15

Juli 21, 2017

OLG München 34 Wx 425/15 Beschluss v. 10.02.2016, Keine Privilegierung hins. Gebühren nach zwischenzeitlicher Eintragung der Erbengemeinschaft

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 30. November 2015 werden zurückgewiesen.

Gründe:

OLG München 34 Wx 425/15

I. Im Grundbuch wurden am 14.11.2014 antragsgemäß als Eigentümer von drei Wohneigentumseinheiten in Erbengemeinschaft die vier Kinder des Erblassers L., verstorben am 8.7.2014, eingetragen. Nach Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wurden zwei der Kinder, der Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2, am 12.8.2015 jeweils als Eigentümer von einer bzw. von zwei Wohnungseigentumseinheiten im Grundbuch eingetragen.

Gegen den jeweiligen Kostenansatz vom 12.8.2015 über die Beträge von einmal 273 € sowie zweimal 381 € für die Eintragung als Eigentümer haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils mit Erinnerung vom 3.9.2015 gewandt. Sie berufen sich auf die Kostenfreiheit nach Nr. 14110 KV GNotKG. Diese gelte auch nach Auseinandersetzung der zwischenzeitlich als Eigentümerin eingetragenen Erbengemeinschaft.

Diese Erinnerungen hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – nach Anhörung des Bezirksrevisors (Beteiligter zu 3) am 30.11.2015 zurückgewiesen. Auf die am 3.12.2015 eingelegte Beschwerde hin hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – die Akten am 21.12.2015 dem OLG München zur Entscheidung übersandt.

II. 1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2, die sich jeweils gegen die Zurückweisung der Erinnerungen gegen die vorgenommenen Kostenansätze richtet, sind statthaft und im Übrigen zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG; § 81 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Sätze 1 und 4 GNotKG). Namentlich ist der Beschwerdewert von mehr als 200 € jeweils erreicht.

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Zuständig ist der Einzelrichter des Senats (§ 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG).

2. Soweit das Amtsgericht – Grundbuchamt – nach Einlegung der Beschwerden keine ausdrückliche Nichtabhilfeentscheidung getroffen, sondern nur verfügt hat die Akten dem OLG zur Entscheidung vorzulegen, steht dies einer Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht entgegen.

Das Amtsgericht hätte zwar nach Einlegung der Beschwerde durch einen begründeten Beschluss darüber entscheiden müssen, ob es der Beschwerde abhelfen will oder nicht (Hartmann Kostengesetze 43. Aufl. § 81 GNotKG Rn. 24 mit dem Hinweis auf die vergleichbare Lage bei § 572 ZPO). § 81 Abs. 2 GNotKG ist nicht so zu verstehen, dass nur dann, wenn das Amtsgericht die Beschwerde für begründet erachtet, durch zu begründenden Beschluss zu entscheiden wäre.

Vielmehr ist auch die Nichtabhilfe eine Sachentscheidung und als solche regelmäßig in Beschlussform zu treffen und den Beteiligten bekannt zu geben (vgl. OLG München FGPrax 2008, 13). Demgemäß genügt eine bloße Übersendungsverfügung diesen Anforderungen nicht (vgl. Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 572 Rn. 10).

Da andererseits eine ordnungsgemäße Abhilfeentscheidung keine Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist, kann der Senat davon absehen, die Sache an das Amtsgericht zurückzugeben, sondern selbst entscheiden (Zöller/Heßler § 572 Rn. 4).

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Weil es hier allein um eine Rechtsfrage geht, mit der sich das Amtsgericht in seiner Erinnerungsentscheidung schon befasst hat und die Beschwerdebegründung gleichzeitig keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte aufweist, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, hat der Senat von einer Rückgabe der Akten abgesehen.

3. In der Sache wurde die Erinnerung gegen den Kostenansatz zu Recht zurückgewiesen; denn Nr. 14110 KV GNotKG privilegiert den Beteiligten zu 1 nicht mehr, nachdem zwischenzeitlich schon die Erbengemeinschaft eingetragen war.

Gemäß Nr. 14110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichts- und Notarkostengesetz (KV GNotKG) wird für die Eintragung eines Eigentümers im Grundbuch eine volle Gebühr erhoben.

Nach Anmerkung 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG wird die Gebühr allerdings nicht für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird.

Die Gebührenbefreiung gilt auch dann, wenn die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden (Anmerkung 1 Satz 2 zu Nr. 14110 KV GNotKG).

a) Ein nach diesen Vorschriften gebührenbefreiter Sachverhalt liegt schon nach dem Wortlaut von Nr. 14110 KV GNotKG nicht mehr vor, wenn die Weiterübertragung des Grundstücks auf einen Erben erst nach vorheriger Eintragung der Erbengemeinschaft erfolgt. Anmerkung 1 Satz 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG spricht nämlich von der Eintragung „von Erben des eingetragenen Eigentümers“. Aus dieser Anmerkung ergibt sich zunächst die Gebührenfreiheit der Eintragung des Alleinerben oder aber der Erbengemeinschaft unter der Voraussetzung, dass der Erblasser voreingetragen ist.

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Anmerkung 1 Satz 2 regelt sodann die Gebührenfreiheit für einen oder mehrere Miterben, die nach Erbauseinandersetzung eingetragen werden. Dadurch, dass Anmerkung 1 Satz 2 einerseits den Begriff „die Erben” wiederholt und so auf Anmerkung 1 Satz 1 Bezug nimmt, wird zusammen mit dem Wort „erst“ zum Ausdruck gebracht, dass Satz 2 nur die Miterben betrifft, die nach dem noch eingetragenen Eigentümer eingetragen werden.

Wenn „die Erben“ schon nach Anmerkung 1 Satz 1 als Erbengemeinschaft eingetragen worden waren, fällt hingegen die Eintragung nach der Erbauseinandersetzung nicht mehr unter Anmerkung 1 Satz 2; die Gebührenfreiheit kann nur einmalig beansprucht werden (Korintenberg/Hey’l GNotKG 19. Aufl. Nr. 14110 KV Rn. 48; Drempetic in Fackelmann/Heinemann GNotKG Nr. 14110 – 14112 KV Rn. 23; Gutfried in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG 2. Aufl. Nr. 14110 KV Rn. 25).

Hätte der Gesetzgeber das von den Beschwerdeführern angeführte Ergebnis gewünscht, dass auch die Eintragung von Miterben nach der Eintragung der Erbengemeinschaft gebührenfrei sein soll, wäre in Anmerkung 1 Satz 2 zu Nr. 14110 KV GNotKG nicht der Begriff „die Erben” wiederholt, sondern von (einzelnen) Miterben gesprochen worden.

b) Diese am Wortlaut orientierte Auslegung wird durch die sich aus der Gesetzesbegründung ergebende Intention des Gesetzgebers bestätigt. Es sollte die bisher umstrittene Frage geklärt werden, ob Erben, die erst infolge einer Erbauseinandersetzung im Grundbuch eingetragen werden, ebenfalls noch an der Gebührenvergünstigung teilnehmen (vgl. hierzu den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucksache 17/11471, S. 206).

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Diese Frage war vor Inkrafttreten des GNotKG in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten (zum ehemaligen Streitstand s. OLG Köln FGPrax 2014, 129); der Gesetzgeber hat sich nach der Begründung der Gesetzesvorlage (vgl. BT-Drucks. 17/11471, S. 206) aber klar dafür entschieden, dass die Gebührenbefreiung auch dann zum Tragen kommen sollte, wenn ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft sofort die Erben, die nach der Erbauseinandersetzung das jeweilige Grundstück erhalten, als dessen Eigentümer eingetragen wurden (so etwa zur alten Rechtslage OLG München, NJW-RR 2006, 648; OLG Köln NJW RR 2003, 1726).

Andererseits bestand schon nach der früheren Rechtslage Einigkeit darüber, dass eine Anwendung des § 60 Abs. 4 KostO nur dann in Betracht kommen kann, wenn der jeweilige Miterbe ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft aufgrund der Auseinandersetzung als Eigentümer des ihm zugewiesenen Grundstücks eingetragen wurde (OLG München, NJW-RR 2006, 648; OLG Köln NJW RR 2003, 1726; Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 60 Rdn. 63).

Aus der Gesetzesbegründung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber, der erklärtermaßen die zuvor dargestellte Rechtssprechung übernehmen wollte, insoweit eine abweichende Regelung treffen wollte.

c) Dementsprechend verbleibt es auch nach neuem Recht dabei, dass die Gebührenbefreiung für die Eintragung des erwerbenden Miterben nicht mehr eingreift, wenn zuvor die Erbengemeinschaft eingetragen worden ist (so auch OLG Köln FGPrax 2014, 129).

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 8 GNotKG).

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