OLG Stuttgart 8 W 88/19 – Einsicht in die Grundakten

August 1, 2022

OLG Stuttgart 8 W 88/19 – Einsicht in die Grundakten – Beschluss vom 21.03.2019

Die von einem Rechtsanwalt für eine Wohnungseigentümergemeinschaft begehrte Einsicht in die Grundakten zur Ermittlung des Umfangs einer die Wohnungseigentümer belastenden Dienstbarkeit,

kann nur dann von dem Nachweis der Legitimation des Verwalters abhängig gemacht werden, wenn an der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die Wohnungseigentümergemeinschaft begründete Zweifel bestehen.

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Ein Rechtsanwalt, der für eine Wohnungseigentümergemeinschaft Einsicht in Grundakten beantragt, um den Umfang einer Dienstbarkeit zu klären, muss nicht zwingend die Legitimation des Verwalters nachweisen.

Das Grundbuchamt kann dies nur verlangen, wenn begründete Zweifel an der wirksamen Bevollmächtigung des Anwalts durch die Gemeinschaft bestehen.

Tenor:

OLG Stuttgart 8 W 88/19 – Einsicht in die Grundakten

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird stattgegeben, vorherige Beschlüsse aufgehoben.
  2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, der Antragstellerin Einsicht in die Bewilligungsurkunde zu gewähren.
  3. Die Beschwerdeentscheidung ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
  4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.  

Sachverhalt:

  • Eine Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrrecht) belastet die Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
  • Der Anwalt der Gemeinschaft beantragte Einsicht in die Bewilligungsurkunde, um den Umfang der Dienstbarkeit zu klären.
  • Das Grundbuchamt forderte einen Nachweis der Legitimation des Verwalters der Gemeinschaft.
  • Die Rechtspflegerin wies die Erinnerung gegen diese Entscheidung zurück.
  • Die Antragstellerin legte Beschwerde ein.

Gründe:

OLG Stuttgart 8 W 88/19 – Einsicht in die Grundakten

  • Das FamFG ist auf Grundbuchsachen anwendbar, da diese Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind.
  • Im Verfahren zur Grundbucheinsicht nach § 12 GBO gilt § 11 Satz 4 FamFG. Demnach muss der Mangel der Vollmacht nur berücksichtigt werden, wenn nicht ein Rechtsanwalt oder Notar als Bevollmächtigter auftritt.
  • Die Erklärung des Anwalts, für die Gemeinschaft zu handeln, genügt. Die Prüfung der Legitimation liegt in seiner Verantwortung.
  • Nur bei begründeten Zweifeln an der Bevollmächtigung kann das Grundbuchamt einen Nachweis verlangen. Solche Zweifel bestanden hier nicht.
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat ein berechtigtes Interesse an der Einsicht, da sie die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Eigentümer wahrnimmt, einschließlich der Duldungspflichten aus der Dienstbarkeit.
  • Die Beschwerdeentscheidung ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
  • Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

OLG Stuttgart 8 W 88/19 – Einsicht in die Grundakten

Diskussion:

  • Das Gericht stellt klar, dass im Grundbuchverfahren die Regelungen des FamFG anzuwenden sind, wenn die GBO keine speziellen Regelungen enthält.
  • Es betont die Erleichterung für Rechtsanwälte und Notare, die nicht in jedem Fall die Legitimation ihres Mandanten nachweisen müssen.
  • Das Gericht widerspricht der Gegenauffassung, die in allen Fällen eine Vollmacht verlangt, wenn ein Anwalt auftritt.
  • Es verweist auf die Regelung in § 11 Satz 4 FamFG, die eine amtswegige Prüfung der Vollmacht nur bei begründeten Zweifeln erlaubt.
  • Die Entscheidung stärkt die Position von Rechtsanwälten und Notaren im Grundbuchverfahren und erleichtert ihnen den Zugang zu Informationen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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