KG Berlin 1 W 71/11, Beschluss vom 29.11.2011 – Vorlage des Originals einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung
Eine Zwischenverfügung, mit der die Eigentumsumschreibung von der Vorlage des Originals einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig gemacht wird, ist jedenfalls dann unberechtigt, wenn eine beglaubigte Ablichtung vorgelegt wird und ein Notar zugleich bestätigt, dass ihm das Original vorliegt.
Buchstabe a) der Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, insoweit von den in der Zwischenverfügung geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.
I.
Im Bestandsverzeichnis des im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchblattes ist zu laufender Nummer 10 das Flurstück 37/4 eingetragen.
Mit Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag vom 3. April 2009 – UR-Nr. 2… /2… des Notars Dr. W… -F… M… in B… – ließ die Beteiligte zu 1 zahlreiche Liegenschaften auf die Beteiligte zu 2 auf, u.a. auch das Flurstück 37/4.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2011 hat Notar Dr. M… unter Beifügung einer beglaubigten Ablichtung der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts S… vom 7. April 2009 die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2 beantragt.
Zugleich hat der Notar erklärt, ihm läge das Original der Unbedenklichkeitsbescheinigung vor. Diese bezieht sich auf insgesamt 131 in B… belegene Liegenschaften.
Mit Zwischenverfügung vom 24. Januar 2011 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung zu Punkt a) die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Original erfordert.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 27. Januar 2011, welche die Erklärung des Notars enthält, die Unbedenklichkeitsbescheinigung läge ihm immer noch im Original vor. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4. Februar 2011 nicht abgeholfen.
II.
KG Berlin 1 W 71/11
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt noch aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.
Allerdings darf der Erwerber eines Grundstücks erst in das Grundbuch eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt wird, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen, § 22 Abs. 1 S. 1 GrEStG. Die nach § 29 Abs. 3 GBO zu erteilende Bescheinigung
(vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16. Februar 2011 – 20 W 86/11 – Juris)
ist, weil es sich nicht um eine zur Eintragung erforderliche Erklärung im Sinne von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO handelt, in öffentlicher Form vorzulegen, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO.
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Grundsätzlich können die nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO zum Nachweis erforderlichen öffentlichen Urkunden in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden
(Senat, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 W 4156/97 -, Rpfleger 1998, 108).
Im Anschluss an eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 9. April 2002 – 86 T 129/02 – NotBZ 2002, 383) wird im Schrifttum überwiegend vertreten, die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung in beglaubigter Ablichtung sei zur Überwindung der Grundbuchsperre des § 22 GrEstG (hierzu Böhringer, Rpfleger 2000, 99) ausreichend
(Hertel, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 29, Rdn. 144;
Hügel, GBO, 2. Aufl., § 20, Rdn. 79; Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 22, Rdn. 49;
Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 22, Rdn. 7;
offengelassen von OLG Frankfurt/Main, a.a.O.).
Nach anderer Ansicht soll die Vorlage einer beglaubigten Abschrift nicht genügen. An ihren Besitz seien Rechtsfolgen geknüpft, weil sie im Fall des Widerrufs oder der Aufhebung an das Finanzamt zurückzugeben sei, vgl. § 133 AO (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 151).
Es erscheint zweifelhaft, ob dieser Ansicht so allgemein zu folgen ist, denn der Inhaber der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch bei deren Widerruf oder Rücknahme nicht ohne weiteres zur Rückgabe verpflichtet. Vielmehr bedarf es hierzu einer im Ermessen des Finanzamts stehenden Aufforderung, § 133 S. 1 AO
(zur geringen praktischen Bedeutung der Vorschrift: Pahlke, in: Pahlke/König, AO, 2. Aufl., § 133, Rdn. 1;
Werth, in: Kühn/von Wedelstedt, AO, 19. Aufl., § 133, Rdn. 1).
Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von der Beendigung des Amts als Vormund, Betreuer oder Insolvenzverwalter.
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Diese sind von Gesetzes wegen zur Rückgabe der Bestellungsurkunden verpflichtet, vgl. §§ 1893 Abs. 2 S. 1,
1908i Abs. 1 S. 1 BGB, 56 Abs. 2 S. 2 InsO
(ebenso der Bevollmächtigte, § 175 BGB).
Letztlich kann dies vorliegend aber dahinstehen.
Jedenfalls ist anerkannt, dass die Vorlage einer beglaubigten Legitimationsurkunde dann ausreichend ist, wenn ein Notar bescheinigt, dass ihm die Urschrift oder Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (Senat, a.a.O.).
Eine solche Bescheinigung hat der Notar sowohl mit seinem Antrag vom 18. Januar 2011 und nochmals mit der Beschwerde vom 27. Januar 2011 erteilt.
Zwar müssen die Voraussetzungen des § 22 GrEStG im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung vorliegen, wie sich dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt.
Dennoch ist hier zumindest auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde abzustellen, weil mit ihr zugleich das weitere mit der Zwischenverfügung vom 24. Januar 2011 aufgezeigte Eintragungshindernis beseitigt wurde und das Grundbuchamt ohne seine weiteren nicht berechtigten Zweifel die Eigentumsumschreibung vorgenommen hätte
(vgl. insoweit zur in beglaubigter Ablichtung vorgelegten Bestellungsurkunde des Insolvenzverwalters:
Senat, Beschluss vom 21. November 2011 – 1 W 652/11 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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