KG 1 W 1347/20

August 7, 2021

KG 1 W 1347/20 Berechtigung der Liquidatorin einer Kommanditgesellschaft, für die KG die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts zu bewilligen,

kann mit dem Handelsregister nicht geführt werden, wenn dort die Firma bereits vor mehreren Jahren gelöscht und das Registerblatt geschlossen worden ist.

Tenor KG 1 W 1347/20

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Nachweis der Stellung der Hx Kx als Liquidatorin der Beteiligten zu 2 über den Zeitpunkt der Löschung der Firma im Handelsregister hinaus durch das Zeugnis eines Notars gem. § 21 Abs. 1 BNotO,

einen amtlichen Registerausdruck, eine beglaubigte Registerabschrift oder durch Bezugnahme auf das elektronisch geführte Handelsregister geführt werden kann, aus denen sich die Wiedereintragung der Firma der Beteiligten zu 2 im Handelsregister ergibt.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe KG 1 W 1347/20

I.

In Abt. II lfd. Nr. 1 des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchs ist seit dem 18. Dezember 1992 ein Vorkaufsrecht für die Beteiligte zu 2 eingetragen.

Im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg war am 15. Dezember 2010 die Auflösung der Beteiligten zu 2 sowie Hx Kx als persönlich haftende Gesellschafterin und Liquidatoren, am 11. November 2013 das Erlöschen der Firma eingetragen worden.

Am 18. Oktober 2019 bewilligte Hx Kx für die Beteiligte zu 2 die Löschung des Vorkaufsrechts – UR-Nr. 85/2019 des Notars x in Berlin.

Der Notar bescheinigte die voranstehend dargestellten Eintragungen im Handelsregister und beantragte unter dem 24. Oktober 2019 u.a. die Löschung des Vorkaufsrechts.

Mit Verfügung vom 29. Oktober 2019 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung u.a. beanstandet, es sei nicht nachgewiesen, dass Hx Kx die Beteiligte zu 2 im Zeitpunkt der Löschungsbewilligung habe vertreten dürfen.

Ein entsprechendes Zeugnis des “Handelsgerichts” sei einzureichen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 27. Juli 2020, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 31. Juli 2020 nicht abgeholfen hat.

II.

KG 1 W 1347/20

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO.

Beschwerdeführer sind beide Beteiligten.

Hat der Notar die Beschwerde ohne die Benennung eines Beschwerdeführers eingelegt, ist regelmäßig davon auszugehen,

dass das Rechtsmittel im Namen sämtlicher Antragsberechtigten im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 2 GBO erhoben sein soll, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen

(BGH, NJW 2010, 3300, 3302).

Solche besonderen Umstände liegen nicht vor und berechtigt, den Antrag auf Löschung der Belastung im Grundbuch zu stellen, sind hier beide Beteiligte.

Hingegen ist es der Vater des Beteiligten zu 1 nicht mehr, seitdem dieser mit der Eintragung des Beteiligten zu 1 als Miteigentümer nicht mehr als solcher im Grundbuch eingetragen ist.

KG 1 W 1347/20

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen und weist das Grundbuchamt den Antrag deswegen nicht bereits zurück,

hat es dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

Hier das Grundbuchamt zutreffend auf ein Eintragungshindernis hingewiesen, jedoch kein zu seiner Beseitigung geeignetes Mittel angegeben.

Das rechtfertigt die Aufhebung der Zwischenverfügung jedoch nicht, sondern führt lediglich zu ihrer aus dem Beschlusstenor zu entnehmenden Ergänzung

(BayObLG, DNotZ 2001, 385, 386).

KG 1 W 1347/20

b) Die Löschung eines Rechts erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerks, § 46 Abs. 1 GBO.

Dies setzt einen darauf gerichteten Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, sowie die Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird, § 19 GBO, voraus.

Die Bewilligung muss der Betroffene nicht selbst abgeben, sie kann auch durch einen Vertreter erklärt werden.

Vorliegend ist das zwingend, weil die Beteiligte zu 2 als Kommanditgesellschaft selbst nicht handlungsfähig ist.

In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachzuweisen. Maßgeblich kommt es dabei auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bewilligung an

(vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2015 – 1 W 688-689/15 – FGPrax 2015, 195).

aa) Grundsätzlich wird die Bewilligung erst dann wirksam, wenn sie mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt oder zur Vorlage bei diesem demjenigen, zu dessen Gunsten die Erklärung erfolgen soll, in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift zugeht

(Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 1 W 46-67/12 – FGPrax 2013, 56).

Dem steht es gleich, wenn der Begünstigte einen unwiderruflichen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung von Ausfertigungen der notariellen Urkunde hat

(Senat, Beschluss vom 4. November 2014 – 1 W 247-248/14 – FGPrax 2015, 10, 11).

Danach kommt es vorliegend auf den Zeitpunkt der Beurkundung zur UR-Nr. 85/2019 am 18. Oktober 2019 an, wie das Grundbuchamt zutreffend erkannt hat.

Dort waren sowohl Erklärungen des Beteiligten zu 1 als auch solche für die Beteiligte zu 2 beurkundet worden, so dass beide einen Anspruch auf die Erteilung von Ausfertigungen erworben hatten, § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG.

bb) Die Beteiligten haben die von Frau Kx für die Beteiligte zu 2 bei der Beurkundung in Anspruch genommene Vertretungsbefugnis bislang nicht nachgewiesen.

(1) Allerdings können im Handelsregister eingetragene Vertretungsberechtigungen auch durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO nachgewiesen werden, § 32 Abs. 1 S. 1 GBO.

Der Nachweis kann auch durch einen amtlichen Registerausdruck oder eine beglaubigte Registerabschrift geführt werden, § 32 Abs. 1 S. 2 GBO.

Wird das Register elektronisch geführt, genügt die Bezugnahme auf das Register, wobei das Registergericht und das Registerblatt anzugeben sind, § 32 Abs. 2 GBO.

KG 1 W 1347/20

Die bis zum 30. September 2009 bestandene Möglichkeit des Nachweises durch ein Zeugnis des Registergerichts, § 32 GBO a.F., sieht das Gesetz nicht mehr vor

(vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 32, Rdn. 18),

was hier von dem Grundbuchamt übersehen worden ist und die im Beschlusstenor zum Ausdruck gebrachte Ergänzung der angefochtenen Zwischenverfügung erfordert.

(2) § 32 GBO dient der Nachweiserleichterung im Verhältnis zu § 29 GBO.

KG 1 W 1347/20

Dem Handelsregister wird im Anwendungsbereich dieser Norm – nur – für den Grundbuchverkehr Beweiskraft beigelegt

(Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, MDR 2014, 83;

Schaub, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 32, Rdn. 3;

Otto, in: Hügel, GBO, 4. Aufl., § 32, Rdn. 8).

Sind im Handelsregister die Auflösung einer Kommanditgesellschaft, §§ 161 Abs. 2, 143 Abs. 1 S. 1 HGB, und deren Liquidatoren, §§ 161 Abs. 2, 146 Abs. 1, 148 Abs. 1 S. 1 HGB, eingetragen,

kann mit den in § 32 GBO genannten Mitteln grundsätzlich auch deren Vertretungsbefugnis nachgewiesen werden

(Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 3637;

Krause, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 32, Rdn 37; Otto, a.a.O., Rdn. 46).

(3) Im Eingang der UR-Nr. 85/2019 ist eine Bescheinigung des Notars im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO enthalten (hierzu: Sander, in: BeckOK BNotO, 2020, § 21 BNotO, Rdn. 33).

Sie ist aber zum Nachweis der Vertretungsmacht von Frau Kx zum maßgeblichen Zeitpunkt ungeeignet.

Aus ihr ergibt sich, dass das Erlöschen der Firma der Beteiligten zu 2 am 11. November 2013 im Handelsregister eingetragen worden ist.

Das hat eine durch den Senat erfolgte Einsicht in das elektronisch geführte Handelsregister bestätigt.

Dort sind sämtliche Seiten des Registerblatts durchgekreuzt.

Dies hat zu erfolgen, wenn alle dortigen Eintragungen gegenstandslos geworden sind, § 22 Abs. 1 S. 1 HRV. Das Registerblatt enthält auch den Vermerk “geschlossen”, § 22 Abs. 1 S. 2 HRV.

Damit aber entfällt die Beweiskraft des Handelsregisters für die Zeit nach diesen Eintragungen, insbesondere also auch für den Zeitpunkt der Löschungsbewilligung.

KG 1 W 1347/20

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Eintragung der Löschung der Firma im Handelsregister lediglich deklaratorisch wirkt.

Stellt sich nach dieser Eintragung heraus, dass noch weiteres Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, ist die Liquidation tatsächlich noch nicht beendet und die Firma besteht entgegen ihrer Löschung im Handelsregister noch fort

(OLG Hamm, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 15 W 365/15 – juris).

Entsprechendes gilt für die Stellung der Liquidatoren und ihrer Vertretungsbefugnis (BGH, NJW 1990, 1725, 1728; 1979, 1987).

Abweichend von den Fällen der sog. Publikums-KG (vgl. BGH, NJW 2003, 2676) oder sehr lange zurückliegender Löschungen im Handelsregister

(OLG Saarbrücken, NZG 2018, 1185), um die es hier jeweils nicht geht, müssen keine neuen Nachtragsliquidatoren bestellt werden.

KG 1 W 1347/20

Vorliegend steht auch fest, dass die Liquidation der Beteiligten zu 2 nicht beendet ist, weil durch ihre Eintragung als Berechtigte des in Abt. II lfd. Nr. 1 eingetragenen Vorkaufsrechts noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist

(vgl. OLG München, NJW-RR 2015, 1358).

Das ändert aber nichts daran, dass die Vertretungsbefugnis von Frau Kx mit dem Handelsregister derzeit nicht nachgewiesen werden kann, weil dieses nur die Vertretungsverhältnisse bis zum Zeitpunkt der Löschung der Firma wiedergibt.

Zu der Zeit danach verhält es sich gerade nicht und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frau Kx ihre Stellung als Liquidatorin inzwischen verloren hatte, vgl. § 147 HS 1 HGB

(vgl. KG, 22. ZS, MittBayNot 2020, 369, 370).

Immerhin lagen zwischen der Löschung der Firma im Handelsregister und der Bewilligung der Löschung des Vorkaufsrechts knapp sechs Jahre.

cc) Von der Beibringung entsprechender Nachweise kann hier auch nicht abgesehen werden. Insbesondere ist es der Beteiligten zu 2 möglich, die Vertretungsberechtigung von Frau Kx zum Zeitpunkt der Bewilligung nachzuweisen.

Der 22. Zivilsenat des Kammergerichts hat hierzu entschieden (a.a.O.), dass die Gesellschaft auf Anmeldung der Fortsetzung der Liquidation wieder im Handelsregister eingetragen werden kann, wenn dies zur Abwicklung erforderlich ist.

Das ist nach den obigen Ausführungen der Fall.

3. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 78 Abs. 2 S. 1 GBO, besteht nicht.

Von der Erhebung von Kosten wird wegen der unklaren Bezeichnung der Abhilfemöglichkeiten in der angefochtenen Zwischenverfügung abgesehen, §§ 81 Abs. 1 S. 2, 84 FamFG.

KG 1 W 1347/20

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Warum ein notarielles Testament?

März 23, 2024
Warum ein notarielles Testament?Von RA und Notar KrauDer Notar prüft Ihre Testierfähigkeit und beurkundet nur, wenn er davon überzeugt ist…
low angle view of balcony against sky

Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23

März 20, 2024
Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23Zus…
an abstract blue and white background with cubes

Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23

März 19, 2024
Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23Zus…