KG 1 W 2/22 Eintragung einer Grundschuld für AG im Grundbuch – Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister
Die Zwischenverfügung wird im angefochtenen Umfang aufgehoben.
1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO.
Gegenstand der Beschwerde ist nur Punkt 2 der Zwischenverfügung vom 25. November 2021, nachdem das Grundbuchamt die zu den Punkten 1 und 3 aufgeführten Hindernisse in seiner Verfügung vom 9. Dezember 2021 als erledigt angesehen hat.
2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
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Das von dem Grundbuchamt aufgeführte Eintragungshindernis besteht nicht, so dass insoweit kein Anlass zum Erlass der Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
a) Die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn sie der Grundstückseigentümer bewilligt, § 19 GBO.
Dabei erfordert der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und sichere Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen, klare und eindeutige Erklärungen.
Im Rahmen der Bewilligung einer Grundschuld ist deshalb der Gläubiger so zu bezeichnen, wie er im Grundbuch einzutragen ist (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 19, Rdn. 35).
Soll ein Recht für eine Aktiengesellschaft eingetragen werden, bedarf es in der Bewilligung mindestens der Angabe ihrer Firma und ihres Sitzes, vgl. § 15 Abs. 1 Buchst. b) GBV (Demharter, a.a.O., § 44, Rdn. 53.1).
b) Die danach erforderlichen Angaben zur Gläubigerin der einzutragenden Grundschuld sind in der Bewilligung vom 27. Februar 2020 – UR-Nr. Fx 1xx/2xxx dem Grunde nach enthalten.
Hingegen ist die dort als Gläubigerin bezeichnete Aktiengesellschaft im Wege der Aufnahme durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf die Beteiligte zu 4 verschmolzen worden, § 2 Nr. 1 UmwG. Mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes der Beteiligten zu 4 am 15. Mai 2020 ist die übertragende Aktiengesellschaft erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG. Mangels fortbestehender Rechtsfähigkeit kann sie nicht als Gläubigerin der Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden (Böttcher, in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 19, Rdn. 165).
c) Die Eintragung eines Verstorbenen im Grundbuch ist nicht zulässig, weil auch er keine Rechtsfähigkeit mehr besitzt (Senat, Beschluss vom 29. Oktober 1974 – 1 W 1186-1187/74 – Rpfleger 1975, 133). Daran ändert es nichts, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt der Bewilligung noch gelebt hat.
Es ist jedoch anerkannt, dass an seiner Stelle die Erben eingetragen werden können, wenn die Rechtsnachfolge in grundbuchmäßiger Form, § 35 Abs. 1 GBO, nachgewiesen wird. Einer an die Rechtslage angepassten neuen oder geänderten Bewilligung bedarf es dann nicht (Kössinger, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 19, Rdn., 70; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 229, Fn. 699; Böhringer, ZfIR 2021, 201, 207).
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d) Erlischt eine juristische Person, nachdem die Eintragung eines Rechts für sie im Grundbuch bewilligt worden ist, vor der Eintragung in Folge einer Verschmelzung, soll Entsprechendes hinsichtlich des Gesamtrechtsnachfolgers gelten (Kössinger, a.a.O.; DNotI-Report 1998, 177, 179). Die zu Gunsten des übertragenden Rechtsträgers erteilte Bewilligung gehe auf den übernehmenden Rechtsträger über (Vossius, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 2002, § 20, Rdn. 191). Andere erachten eine entsprechende Auslegung der Bewilligung für geboten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2021 – 3 W 233/20 – juris).
aa) Ob die Bewilligung mit der Verschmelzung ohne weiteres auf den übernehmenden Rechtsträger im Rahmen der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge übergeht, erscheint im Hinblick auf den rein verfahrensrechtlichen Charakter der Bewilligung (BGH, DNotZ 2013, 369, 372) fraglich.
Auch ein vor der Umwandlung noch nicht beendeter Zivilprozess des übertragenen Unternehmens soll nicht ohne weiteres mit dem aufnehmenden Unternehmen fortgeführt werden, sondern zunächst in entsprechender Anwendung des § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochen sein (Schulte, in: Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., § 20, Rdn. 18).
bb) Der verfahrensrechtliche Charakter von Grundbucherklärungen schließt hingegen ihre Auslegung nicht aus. Im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsgrundlagen kann im Grundbuchverfahren eine Auslegung aber nur erfolgen, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt.
Dabei ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, ZMR 2015, 390, 393; NJW 1995, 1081, 1082; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 172; Demharter, a.a.O., § 19, Rdn. 28).
Danach kann die Bewilligung hier zweifellos dahin ausgelegt werden, dass sie nicht unter der Bedingung der Fortexistenz der dort bezeichneten Gläubigerin bis zur Eintragung der Grundschuld abhängig gemacht werden sollte, sondern auch die – unmittelbare – Eintragung der Beteiligten zu 4 als ihrer Gesamtrechtsnachfolgerin umfasste.
(1) Betroffen von der zur Eintragung beantragten Belastung des Wohnungseigentums ist die Beteiligte zu 1. Sie ist als Eigentümerin in Abt. I lfd. Nr. 1 des Wohnungsgrundbuchs eingetragen. Die Beteiligte zu 1 hat danach die Eintragung der Grundschuld zu bewilligen, § 19 GBO.
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Die Bewilligung musste sie jedoch nicht persönlich erklären, sondern konnte sich hierbei vertreten lassen. Das ist auch so geschehen. In der notariellen Verhandlung vom 27. Februar 2020 trat für sie – und zugleich die Beteiligten zu 2 und 3 – ein (Unter-)Bevollmächtigter auf, dessen Vertretungsmacht letztlich auf den zwischen den Beteiligten zu 1 bis 3 in § 4 des Kaufvertrags über das Wohnungseigentum vom 24. Februar 2020 – UR-Nr. Fx 1xx/2xxx des Notars J. in B. – getroffenen Regelungen beruhte.
Darin hatte die Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 und 3 eine Finanzierungsvollmacht erteilt, wie sie regelmäßig in entsprechenden notariellen Kaufverträgen enthalten ist. Bestimmungen zu einer bestimmten Gläubigerin enthält § 4 der UR-Nr. Fx 1xx/2xxx nicht.
Lediglich nach § 4 Abs. 7 waren die Beteiligten zu 2 und 3 verpflichtet, bis zur Beurkundung des Vertrags “die bankübliche Zusage eines in der Europäischen Union zu allgemeinen Bankgeschäften berechtigten Kreditinstituts über die Gesamtfinanzierung des Kaufpreises bzw. entsprechende Kapitalnachweise zu erbringen”.
Selbst wenn damit eine Beschränkung der Beteiligten zu 2 und 3 bei der Auswahl möglicher Gläubiger verbunden sein sollte, handelte es sich sowohl bei der in der Bewilligung bezeichneten Aktiengesellschaft als auch ihrer Gesamtrechtsnachfolgerin um solche Kreditinstitute.
Weitere auf die Person der Gläubigerin bezogene Einschränkungen enthält § 4 der UR-Nr. Fx. 1xx/2xxx nicht. Der Beteiligten zu 1 kam es danach nicht darauf an, welches Kreditinstitut die Beteiligten zu 2 und 3 letztlich konkret auswählen würden. Ohnehin war die Beteiligte zu 1 verpflichtet, das Wohnungseigentum auf die Beteiligten zu 2 und 3 zu übertragen.
(2) Für die Beteiligten zu 2 und 3 führt die Verschmelzung des von ihnen ausgewählten Kreditinstituts mit der Beteiligten zu 4 ebenfalls zu keinen – weiteren – Beschränkungen ihrer Rechte bzw. Pflichten.
Mit dem Vollzug der Verschmelzung im Handelsregister geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über, §§ 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG.
Die Beteiligte zu 4 ist danach an die der Bewilligung der Grundschuld zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen gebunden, wie sie zwischen den Beteiligten zu 2 und 3 und der in der UR-Nr. Fx 1xx/2xxx als Gläubigerin der Grundschuld bezeichneten Aktiengesellschaft getroffen worden waren (vgl. Marsch-Barner/Oppenhoff, in: Kallmeyer, UmwG, 7. Aufl., § 20, Rdn. 8).
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Welche Vereinbarungen dies konkret sind, muss und kann wegen des hier geltenden formellen Konsensprinzips nicht geklärt werden. Das ist aber auch nicht erforderlich, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Bestellung von Grundschulden im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohnungseigentum regelmäßig schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Erwerber und Gläubiger zugrunde liegen.
(3) Etwas Anderes ergibt sich aus der von dem Grundbuchamt herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 2020 (I-3 Wx 125/20 – ZIP 2020, 1915) nicht, auch wenn es sich bei den dort beteiligten Kreditinstituten um dieselben wie vorliegend gehandelt haben dürfte.
Dort war die Grundschuld für das übertragende Kreditinstitut erst nach der Eintragung seiner Verschmelzung mit dem übernehmenden Kreditinstitut im Handelsregister bewilligt worden. Eine Auslegung der Bewilligung, wie sie hier voranstehend erfolgt ist, erachtete das Oberlandesgericht dort nicht für möglich, weil das aufnehmende Kreditinstitut noch über drei Zweigniederlassungen verfügte, die ebenfalls Immobilienkredite vergaben.
Es sei nicht auszuschließen und nicht einmal fernliegend, dass die Kaufvertragsparteien oder der übernehmende Rechtsträger bei zutreffender Beurteilung der Rechtslage die Bestellung und Eintragung der Grundschuld für eines der vorbezeichneten Kreditinstitute gewünscht hätten (OLG Düsseldorf, a.a.O., 1916; dies anzweifelnd Brock, EWiR 2021, 73, 74).
Vorliegend erfolgte die Bewilligung hingegen vor dem Vollzug der Verschmelzung durch Eintragung im Handelsregister, also zu einem Zeitpunkt, in dem das als Gläubigerin bezeichnete Kreditinstitut noch als juristische Person existierte.
Sein Vermögen ist erst danach auf die Beteiligte zu 4 übergegangen. Ob sie dieses Vermögen dann intern einer ihrer Zweigniederlassungen zugeordnet hat, ist für die Frage der zutreffenden, hier durch Auslegung zu ermittelnden Bezeichnung der Gläubigerin in der Bewilligung vom 27. Februar 2020 nicht von Relevanz (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 243).
Auf der entsprechenden tatsächlichen Abweichung von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 2020 beruhten die – allerdings nicht tragenden – Ausführungen desselben Senats in seinem bereits benannten Beschluss vom 3. März 2021 (OLG Düsseldorf – 3 W 233/20 – juris), denen sich der Senat im Ergebnis anschließt.
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