OLG München 34 Wx 167/14

Juni 23, 2020

OLG München 34 Wx 167/14 Grundbuchverfahren: Unrichtigkeitsnachweis durch Vorlage eines die Löschung einer juristischen Person belegenden Handelsregisterauszugs, Nachtragsliquidation, Nachweis des Eintritts der auflösenden Bedingung für eine Dienstbarkeit

vorgehend AG Rosenheim, 2. April 2014, Pfaffing Blatt 828-16

Tenor

OLG München 34 Wx 167/14
I. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Grundbuchamt – vom 2. April 2014 werden zurückgewiesen.
II. Die gerichtlichen Gebühren tragen die Beteiligten zu 1 und 2 je aus einem Geschäftswert von 5.000 €. Von einer Kostenentscheidung im Übrigen wird abgesehen.

Gründe

I.
Mit Urkunden vom 13.9./12.12.1996 bestellten die Beteiligten als Eigentümer je eines Grundstücks (Bl. 828 und Bl. 419) der Beteiligten zu 3, ihrer Pächterin, je eine identische, durch Nichtfortbestehen des Pachtvertrags auflösend bedingte Golfanlagen-Dienstbarkeit als beschränkte persönliche Dienstbarkeit.

Das Recht wurde in Abt. II unter Nr. 2 am 13. bzw. 27.1.1997 in den Grundbüchern eingetragen.

Über ihren notariellen Vertreter haben die Beteiligten zu 1 und 2 im März 2014 Grundbuchberichtigung in Form der Löschung der beiden Dienstbarkeiten beantragt und dies unter Vorlage eines chronologischen Handelsregisterauszugs damit begründet, dass die Beteiligte zu 3 am 27.2.2013 nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG im Handelsregister gelöscht worden sei.

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Das Grundbuchamt hat den (jeweiligen) Antrag am 2.4.2014 zurückgewiesen. Der Unrichtigkeitsnachweis sei nicht erbracht.

Die berechtigte juristische Person sei zwar im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden.

Die Eintragung der Golfanlagenrechte beinhalte jedoch – unabhängig davon, ob sie noch Vermögenswert besäßen – eine formale Rechtsposition, deren angestrebte Beseitigung (Löschung) eine Nachtragsliquidation erfordere.

Die fehlende Löschungsbewilligung eines zu bestellenden Nachtragsliquidators könne nicht durch Zwischenverfügung angefordert werden.

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2. Hinsichtlich der Berechtigung aus einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit stehe die Löschung im Handelsregister dem Tod der natürlichen Person gleich.

Die Vorschrift des § 1061 Satz 2 BGB hätte keinen Anwendungsbereich, wenn man fordern würde, dass neben der Löschung der juristischen Person auch das ihr eingeräumte Recht – die Buchposition – weggefallen sei.

Hier komme noch die Bestellung der Dienstbarkeiten unter der auflösende Bedingung hinzu, dass länger als ein Monat zwischen der Berechtigten und dem Eigentümer des dienenden Grundstücks kein Pachtvertrag mehr bestehe.

Sei die Berechtigte als Rechtsperson aber weggefallen, könne auch kein Pachtvertrag mehr mit ihr bestehen.

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Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es führt noch ergänzend aus, dass der Eintritt der Bedingung in der Form des § 29 GBO nicht nachgewiesen werden könne.

Das Grundbuchamt sei nicht in der Lage zu prüfen, ob sich ein möglicher Rechtsübergang nach § 1092 Abs. 2, § 1059a bis d BGB auf den Pachtvertrag erstrecke; zudem könnten die Parteien auch beliebige Vereinbarungen zum Pachtvertrag, auch zur Person des Pächters oder zur Übertragbarkeit von Ansprüchen, getroffen haben.

Der Verweis auf die Löschung der Berechtigten im Handelsregister reiche daher als Nachweis des Bedingungseintritts nicht aus.

II.
Das nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG – eine entsprechende Vollmacht findet sich im notariellen Berichtigungsantrag – je zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Auch der Beschwerdesenat erachtet den Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO), an den strenge Anforderungen zu stellen sind (etwa BayObLGZ 1986, 317/320; Demharter GBO 29. Aufl. § 22 Rn. 37), als nicht erbracht.

1. Nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs tritt ein, wenn die juristische Person, für die die beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt ist, erlischt; in diesem Fall erlischt auch die Dienstbarkeit

(vgl. § 1090 Abs. 2, § 1061 Satz 2 BGB;

OLG Schleswig FGPrax 2011, 71;

Demharter § 22 Rn. 18).

Das Erlöschen der juristischen Person muss dann aber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (OLG Schleswig a. a. O.).

Erloschen ist die in den Grundbüchern als Berechtigte ausgewiesene GmbH (§ 13 Abs. 1 Abs. 1 GmbHG) nicht bereits mit deren Auflösung (durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens).

Vielmehr erlöschen die juristische Person und die für diese bestellten Dienstbarkeiten erst im Augenblick der tatsächlichen Beendigung ihrer Liquidation (RGZ 159, 193/199; OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 9/10; BayObLG BB 1983, 82; Demharter § 19 Rn. 103; Stalinski Rpfleger 2012, 657/661).

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Aus dem als Urkundennachweis verwertbaren Handelsregisterauszug ergibt sich, dass das Insolvenzverfahren durch gerichtlichen Beschluss vom 12.10.2012 nach Schlussverteilung aufgehoben wurde.

Die Gesellschaft wurde sodann wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 (Abs. 1 Satz 2) FamFG gelöscht und die Löschung von Amts wegen am 27.2.2013 im Handelsregister eingetragen.

Dies genügt als Nachweis des Erlöschens der juristischen Person jedenfalls für das Grundbuchverfahren nicht (OLG Düsseldorf Rpfleger 2011, 26; siehe auch Senat vom 6.3.2012, 34 Wx 39/12, bei juris).

Belegt ist mit dem Handelsregisterauszug erst recht nicht das Erlöschen von Rechten der Gesellschaft (Senat a. a. O.; Hügel/Kral GBO 2. Aufl. Gesellschaftsrecht Rn. 78), ohne dass es noch darauf ankäme, ob allein die Buchposition schon einen nachträglich zu liquidierenden Vermögenswert darstellt.

Die nach § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG zwingende Löschung beruht auf der Überlegung, dass im Regelfall davon ausgegangen werden kann, nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens sei kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden (Keidel/Heinemann FamFG 18. Aufl. § 394 Rn. 2; Stalinski Rpfleger 2012, 657/658).

Auch wenn die Norm das Registergericht nicht gänzlich von der Prüfung befreit, ob wider Erwarten doch Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Vermögen vorliegen (Stalinski a. a. O.), schließen es eine negative Prüfung und in deren Folge die anschließende Löschung nicht aus, dass Vermögen doch noch später auftaucht (Stalinski Rpfleger 2012, 657/661).

Diese Möglichkeit ist gerade dann nicht völlig unwahrscheinlich, wenn der Abschluss des Insolvenzverfahrens erst verhältnismäßig kurze Zeit zurückliegt.

Es kann sich so die Notwendigkeit einer Nachtragsverteilung ergeben (§ 203 InsO; Keidel/Heinemann § 394 Rn. 9a), was bedeutet, dass ein Erlöschen der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten auf der Grundlage des Handelsregisterauszugs nicht mit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen ist.

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2. Unrichtigkeit des Grundbuchs läge auch vor, wenn die Rechte selbst erloschen wären, nämlich durch Eintritt der auflösenden (§ 158 Abs. 2 BGB) Bedingung – “wenn für eine Dauer von mehr als einem Monat kein Pachtvertrag mehr besteht” -, unter der sie jeweils bestellt worden sind.

Ein derartiger Bedingungseintritt ist jedoch regelmäßig in öffentlicher Urkunde (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO) nachzuweisen

(BayObLG NJW-RR 1997, 1173;

Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 156;

siehe zum Unrichtigkeitsnachweis auch Demharter § 22 Rn. 42).

Daran fehlt es.

Mit dem Handelsregisterauszug ist das Erlöschen eines Pachtvertrags nicht belegbar.

Die Insolvenz lässt Pachtverhältnisse über unbewegliche Gegenstände, ungeachtet des Kündigungsrechts des Insolvenzverwalters, wenn der Schuldner Pächter ist, unberührt (vgl. §§ 108, 109 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Wie das Grundbuchamt zutreffend ausführt, ist auch nicht auszuschließen, dass sich ein möglicher Rechtsübergang nach § 1092 Abs. 2 mit § 1059a bis d BGB auf den Pachtvertrag erstreckt hat.

3. Die Kosten – d. h. die gerichtlichen Gebühren des jeweiligen Beschwerdeverfahrens – werden nach der Regel des § 84 FamFG jeweils dem Beteiligten auferlegt, dessen Grundstück von der Dienstbarkeit befreit werden soll.

Einer weitergehenden Kostenentscheidung auch hinsichtlich außergerichtlicher Kosten bedarf es nicht, weil Beteiligte mit entgegengesetzten Zielen am Beschwerdeverfahren nicht teilgenommen haben.

Der Geschäftswert wird für jedes der beiden als solchen selbständigen Rechte bestimmt. Die Festsetzung beruht auf § 79 Abs. 1 GNotKG i .V. m. § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

OLG München 34 Wx 167/14

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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