OLG Naumburg 2 Wx 44/22

Dezember 20, 2022

OLG Naumburg 2 Wx 44/22 – Geschäftswert für das Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins – freie Schätzung – Beschwerde

vorgehend AG Zeitz, 8. Februar 2022, 7 VI 375/21

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Zeitz – Nachlassgericht – vom 08.02.2022 abgeändert und der Geschäftswert für das Verfahren in I. Instanz auf die Wertstufe bis 25.000,00 € festgesetzt.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe OLG Naumburg 2 Wx 44/22

I.
Auf Antrag der Beschwerdeführerin vom 04.05.2021 erließ das Amtsgericht Zeitz – Nachlassgericht – am 04.06.2021 einen Erbschein, der die Antragstellerin und die weiteren (Beteiligten je anteilig als Erben ausweist.
In dem Antrag hatte die Beschwerdeführerin angegeben, den Wert des Nachlasses nicht zu kennen, da sie keine Einsicht in das Konto erhalten habe; es gehöre jedoch kein Grundstück zum Nachlass.
In der Folgezeit reichte die Antragstellerin trotz Aufforderung kein Nachlasswertverzeichnis ein.
Auch nachdem das Nachlassgericht mitteilte, den Wert anderenfalls auf 250.000 € festzusetzen, meldete sich die Antragstellerin nicht.
Das Amtsgericht – die Rechtspflegerin – setzte daraufhin mit Beschluss vom 08.02.2022 im Wege der freien Schätzung den Geschäftswert für das Erbscheinsverfahren auf 250.000 € fest.
Daraufhin meldete sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22.03.2022, reichte einen Kontoauszug – auszugsweise – zur Akte und teilte mit, dass der Wert des Nachlasses weniger als 15.000 € betrage, die sich auf dem Konto des Erblassers befänden.
OLG Naumburg 2 Wx 44/22
Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.03.2022 erhob sie sodann u.a. gegen den Beschluss vom 08.02.2022 Beschwerde und kündigte eine nachfolgende Begründung an, was jedoch – trotz mehrfacher Erinnerung – unterblieb.
Auch ein Nachlassverzeichnis wurde nicht eingereicht.
Mit Beschluss vom 02.06.2022, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 83 Abs. 1 S.1 GNotKG statthaft, da der Beschwerdewert den Betrag von 200 € übersteigt, und zulässig.
2. Für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß §§ 83 Abs. 1 S. 5, 81 Abs. 6 S. 1 GNotKG die Einzelrichterin zuständig, da die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist.
3. In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg.
Gemäß § 40 Abs. 1 S.1 Nr. 2 GNotKG ist der Geschäftswert für das Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls.
OLG Naumburg 2 Wx 44/22
Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen (§ 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG).
Entgegen ihrer Verpflichtung machte die Antragstellerin nach Erteilung des Erbscheins keine Angaben zum Wert des Nachlasses und reichte kein Nachlassverzeichnis bei Gericht ein.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin bereits bei der Antragsaufnahme an Eides statt versichert hatte, es gehöre kein Grundstück zum Nachlass, sowie der ihrem Schreiben vom 22.03.2022 beigefügten – auszugsweisen – Kontoauszüge stellt sich die Wertfestsetzung im Wege der Schätzung auf 250.000 € dennoch als zu hoch dar.
Zumindest liegen ansatzweise Schätzgrundlagen vor, die eine geringere Wertfestsetzung begründen.
Der offenkundigen Unvollständigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin und den damit verbundenen Unsicherheiten war durch einen angemessenen Zuschlag zu dem nachgewiesenen Kontoguthaben von rd. 12.000 € (hier: Verdoppelung) Rechnung zu tragen.
Ein Rückgriff auf § 36 Absatz 3 GNotKG kam demgegenüber nicht in Betracht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 83 Abs. 3 GNotKG.
OLG Naumburg 2 Wx 44/22

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Warum ein notarielles Testament?

März 23, 2024
Warum ein notarielles Testament?Von RA und Notar KrauDer Notar prüft Ihre Testierfähigkeit und beurkundet nur, wenn er davon überzeugt ist…
low angle view of balcony against sky

Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23

März 20, 2024
Eintragung Auflassungsvormerkung – Vermutung Inhaberschaft Recht kraft Eintragung – Anordnung Rückgabe Erbschein – OLG München 34 Wx 240/23Zus…
an abstract blue and white background with cubes

Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23

März 19, 2024
Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung bei Bestellung Finanzierungsgrundschuld aufgrund Belastungsvollmacht – OLG Düsseldorf I-3 Wx 86/23Zus…